Hallöchen ihr lieben 🙂
Ich bin Sarah, 32 Jahre, Lip- sowie Lymhödembetroffene.
Im Alltag bin ich, wie so viele von uns, viel in Social Media unterwegs und bereits Facebook-Gruppen zum Thema Lipödem beigetreten. In diesen werden relativ häufig die gleiche Fragen gestellt – es gibt viele Neulinge, welche sich nicht auskennen mit dem Thema und über jeden Erfahrungswert dankbar sind. Mir geht es genauso. Ebenso bin ich im Alltag öfter von Leuten, denen ich von meiner Erkrankung erzähle, viel gefragt worden.
Ich möchte in diesem Beitrag in einer Art FAQ die häufigsten Fragen beantworten. Nach einigen Monaten werde ich die gleichen Fragen erneut beantworten – das ist auch für mich interessant, um meinen eigenen Werdegang im Umgang mit der Erkrankung zu beobachten und zu reflektieren.
PS: Jede Antwort spiegelt nur meine eigene Meinung und meine Erfahrung wider, selbstverständlich muss meine Meinung nicht die eure sein 🙂
„Was ziehst du/ihr zur Kompression an?“
Diese Frage beschäftigt gerade Neulinge mit der ersten Kompression anscheinend sehr. In Lipödemgruppen wird sehr oft um Fotos gebeten, was Frau denn so zur Kompression trägt. Es ist so, man wird ausgemessen, bestellt die erste Kompri und stellt sich meist dann erst die Frage, was man überhaupt mit ihr zusammen anzieht, wenn man sie denn dann einmal hat.
Tja, also was ziehe ich an? Ganz einfach: Kleider.
Früher war ich eine Jeansträgerin – die gehen mit Kompri gar nicht. Mich engt das einfach zu sehr ein. Für mich bedeutete dies eine komplette Umstellung. Es war nicht so, dass ich keine Kleider mochte, im Gegenteil. Jeans waren aber einfach immer praktischer. Ich musste mir also einige Kleider anschaffen und meinen Kleidungsstil komplett umstellen. Ich besitze auch 2 Röcke, damit bin ich aber recht eigen, den perfekten Rock für mich zu finden, ist nicht einfach. 🙂
Ich muss sagen… ich liebe meinen neuen Kleidungsstil. Ich liebe alle meine Kleider und bin schon selbstverliebt damit 😉 Ich liebe einfach meine neue Weiblichkeit, meine Kurven in Kleidern und die vielen Möglichkeiten des Ausprobierens. Ich habe ein paar Jeanshosen behalten, aber im Grunde möchte ich sie gar nicht mehr. Kleider sind so viel bequemer 🙂
Woher kaufe ich meine Kleider? Tolle Kleider gibt es z.B. bei Bonprix, dort kaufe ich sehr viel. Ansonsten kaufe ich bei Orsay, EMP oder auch mal Ernstings Family.
„Stören dich nicht die Geräusche der Kompression beim Gehen?“
Nein. Ich trage aber auch meist eine coole Strumpfhose über der Kompri. Ich kombiniere sie mit bunten und gemusterten Snag Tights oder auch Netzstrumpfhosen. Nein, meine Kompri ist nicht hautfarben. Ich habe eine recht langweilige graue und eine dunkelrote (Cranberry). Mit Strumpfhosen kann man super die Farbe der Kompri verändern und coole Looks ausprobieren. Und ja, ich gehe so täglich ins Büro 😉 Ich liebe außerdem Glitzerstrumpfhosen 🙂
Ernährung ist ja ein wichtiges Thema. Dazu muss ich sagen, dass ich da auch erst ganz am Anfang stehe. Am Anfang des Ausprobierens und In-Mich-Hinein-Fühlens.
Mein oberstes Ziel ist es nicht, Gewicht abzunehmen. Ich mache keine Diät. Ich sehe das Ganze als eine Lebensumstellung. Mein oberstes Ziel ist es, schmerzfrei und einfach glücklich zu sein. Dazu kann eine gesunde Ernährung beitragen. Sicher ist es super, wenn ein paar Pfunde purzeln. Dies ist aber nicht meine Priorität. Ich setze mich nicht unter Druck.
Also, was esse ich? Ich esse 3 Mahlzeiten am Tag. Frühstück, Mittag, Abend. Ich versuche dabei, auf Low Carb zu achten – bin da aber nicht mega streng. Ich sehe Kohlenhydrate nicht als Feind an, ab und an eine kleine leckere Portion Nudeln muss auch mal sein. Ich esse morgens auch super gern ein Brötchen, gerne Vollkorn, womit ich in den Tag starte.
Frühstück kann also sein: ein Brötchen, belegt mit etwas nach meiner Wahl, gern Vollkornbrötchen. Statt Margarine geht super Hüttenkäse. Oder ein Müsli, aber auch nicht täglich – Abwechslung muss sein. Eine Tasse Kaffee oder Tee ohne Zucker oder ein Glas Milch. Mein Frühstück ist sehr konstant gegen 07:30 Uhr.
Mittag esse ich ebenso jeden Tag auf der Arbeit, konstant um 13 Uhr. Es gibt oft ein leckeres Low Carb Rezept, ich habe mir da schon einige herausgesucht und nachgemacht. Ich esse gern Hähnchen, Rindfleisch, viel Gemüse und manchmal selbstgemachte Soßen. Reis und Nudeln gibt es sehr, sehr wenig momentan. Manchmal erlaube ich mir das aber auch mal. Schweinefleisch esse ich nicht mehr. Da gibt es viel besseres, leckereres Fleisch. Auch der Veggie-Stil wäre nichts für mich. Mit Low Carb lässt es sich dagegen ganz gut leben, ich werde satt und es schmeckt – und das Beste: Meine Beine tun tatsächlich weniger weh.
Abends esse ich gegen 18:30 bis 19 Uhr – wenn ich bei der MLD war wird es 19:30 bis 20 Uhr – einen selbstgemachten Salat, wo wir auch viel ausprobieren. Griechischer Salat, Thunfischsalat mit gekochten Eiern, einfach nur mal Blattsalat mit Paprika, Gurkensalat, Tomate Mozzarella, Salat mit Hüttenkäse… ich liebe Salat einfach. Warm gibt es abends nichts mehr. Wenn ich mal zu müde bin, esse ich eine kleine Schale Müsli mit Milch. Gerne mache ich mir auch einen Skyr mit Müsli oder frischem Obst.
Ja, ich esse nach 18 Uhr! das ist nicht verboten und nicht unanständig 😉
Und zwischendurch? – Nichts. Ich habe eigentlich zwischendurch keinen Hunger. Überkommt es mich doch, so esse ich einen kleinen Joghurt, wobei man das auch nicht oft tun sollte, der enthält leider genug Zucker. So wie Obst auch, Fruchtzucker. Ich habe auch ab und zu einen Proteinriegel mit im Büro, esse davon aber meist nur ein Stück bis eine Hälfte. Gesunde Rohkost wie Paprika, ein Stück Tomate oder Gurke oder Paprika mit Hüttenkäse ist auch ein leckerer Snack. Meist allerdings esse ich tatsächlich nichts zwischendurch.
Ich trinke leider viel zu wenig und versuche mich da schon zu zwingen 😉 mehr zu trinken. Ich trinke nur Wasser. Ab und an Tee ohne Zucker. Kaffee trinke ich ein bis zwei Tassen am Tag.
Wenn ich unterwegs bin wie zB. im Hotel, gönne ich mir auch mal einen O-Saft und esse dort gerne beim Frühstück eine Portion Rührei, gern Lachs dazu, wenn es den gibt.
Also, ihr seht, ich achte drauf, möchte aber auch nicht unglücklich sein und erst Recht keinen Zwang. Das führt zu nichts.
„Bekommen denn nicht nur Übergewichtige Lipödem?“
Nein. Es gibt auch leider sehr viele sehr schlanke Frauen, die an Lipödem leiden und oft fällt es gerade bei schlanken Damen noch mehr auf, finde ich. Adipositas kann eine Folge oder eine Begleiterscheinung von Lipödem sein, aber keine Ursache. Natürlich sind viele Lipdamen übergewichtig, das bin ich auch. Häufig ist es auch so, dass das durch die Lebenseinstellung kommt…leider. Bei mir nicht anders, falsches Essen, fettiges Essen, schlechtes Essen, wenig Bewegung. Abnehmen ist schwer, ich weiß. Aber oft auch wirklich gesundheitlich notwendig.
Was ich aber schlimm finde, ist, dass eine Liposuktion einen BMI unter 35 voraussetzt. Eine schwer übergewichtige Dame mit Lipödem und damit vielleicht auch einhergehenden psychischen Problemen, schafft es aus eigener Kraft oft nicht, das Leben umzukrempeln und abzunehmen. Haben diese Damen nicht bereits schon genug hinter sich? Einen langen Leidensweg? Und nun will man zwar helfen, aber auch wieder nicht und wenn dann nur unter bestimmten Voraussetzungen. Das ist ein Schlag ins Gesicht für alle Betroffenen und ich finde es schlimm.
„Wie schläfst du?“
Viele Betroffene haben nachts auch Schmerzen, auch ich habe dies nur ab und zu, wenn ich die Kompri ausziehe. Ich schlafe dennoch ganz normal 😉 Ich bin Seitenschläfer, bevorzugt auf der rechten Seite, schlafe selbst gut ein und habe ein kleines Kissen im Bett, auf welches ich meine Beine etwas hochlegen kann. Wegen meines Rückens mache ich dies aber wenig. Ich bevorzuge es, gerade zu liegen und gehe relativ konstant zwischen 22 und 23 Uhr ins Bett, außer am Wochenende ;). Also – ich schlafe ganz normal.
„Was machst du denn für Sport?“
Ich gehe aktuell 2x die Woche zum Sport. Ich suche noch nach etwas coolem, was Spaß macht, für 3-4mal die Woche, das soll aber kein normales Fitnesscenter sein, das rockt mich nicht 😉
Ich gehe Montags zum Stretching und Donnerstags zum Aerial Hoop (Luftakrobatik in einem von der Decke hängenden Reifen). Dienstags habe ich MLD, dann bin ich mittwochs und freitags eigentlich froh, nach der Arbeit daheim zu sein, würde aber dennoch gern noch etwas machen.
In Frage kämen für mich noch: Tanzen, Wassersport, Bouldern, mehr Aerial Hoop ;), Aerial Yoga oder coole, richtige Powerkurse in einem Fitness Center. Irgendwas in der Richtung werde ich mir noch suchen.
„Wie geht ihr denn auf die Toilette mit der Kompression?“
Ähm, ganz normal 😉 Ich bin mittlerweile sehr schnell beim An- und Ausziehen und ziehe die Strumpfhose ja nicht komplett aus, nur runter. Also ganz normal, auch auf öffentlichen Toiletten. Ich benutze keine Handschuhe oder Anziehhilfen – habe ich noch nie.
Ich habe mich, für mich persönlich, gegen eine Liposuktion entschieden – solange es geht. Ich möchte mit Madame Lip leben, solange es eben geht.
Aber warum?
„Wie denkt dein Freund denn darüber? Hat er ein Problem damit?“
Absolut nein. Er stand seit der Diagnose und steht immer absolut hinter mir. Er informiert sich mit mir über die Erkrankung, er fährt mich jede Woche zur MLD, da ich selbst keinen Führerschein habe. Er wäscht meine Kompression, wenn ich mal nicht mehr in den Keller gehen will nach einem langen Tag. Er isst Low Carb und gesundes Essen mit und kocht das, was ich mir wünsche – zumindest oft 😉 Er massiert meine Beine, wenn ich Schmerzen habe und hört mir immer zu.
Er ist mein Zuhause, mein Anker, mein Seelen- und Lieblingsmensch. Ich bin sehr dankbar, dass er da ist und ich ihn, seit 11 Jahren nunmehr, habe.
Er findet mich schön und sexy, ganz so, wie ich bin.
„Wie macht ihr das in der Arbeit?“
Ich sitze viel, weil ich im Büro arbeite. Meine Kollegen wissen, was ich habe und kennen mich auch nur in Kleidern 😉 Sie kennen meine Kompression.
Ich versuche, mich zu bewegen, auch wenn ich nur mal meinen Tisch wische, Staub wedele, einen Kaffee für mich oder auch für meine Kollegen hole oder einfach nur unter dem Tisch abwechselnd meine Zehen und die Fersen hochhebe und absetze. Zudem lege ich meine Füße unter dem Schreibtisch auf ein kleines Tischchen hoch. Ich komme gut zurecht auf der Arbeit. Von Anfang an habe ich ehrlich darüber gesprochen und so halte ich es auch weiterhin.
„Wie lange trägst du deine Kompression?“
Von morgens bis abends. Täglich ziehe ich sie gegen 06:45 an und wenn ich schlafen gehe, gegen 21 bis 22 Uhr dann aus.
Wer noch mehr Fragen hat, nur raus damit, ich kann gern sammeln und noch ein FAQ machen 🙂
Eure Sarah 🙂
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2 Responses
Hallo, so ähnlich empfinde ich das auch, das Leben mit Lipödem muss gut organisiert sein, geht aber ganz normal😉
Zum Thema Kleidung möchte ich noch eine kleine Anmerkung machen: ich war und bin weiter Jeansträgerin und das funktioniert bei mir super. Bei meinen Oberteilen habe ich mich aber umgestellt. Früher habe ich hauptsächlich weichfallende weite Shirts getragen, die bleiben bei mir aber immer am Bolero kleben/hängen, so dass ich jetzt hauptsächlich Baumwoll- oder Leinenblusen trage.
Meine Kompression trage ich täglich und (inzwischen) auch gerne, weil ich merke, wie sie mir das Leben leichter macht.
Deine Einstellung zur Liposuktion finde ich sehr gut! Für einige scheint die Liposuktion eine gute Lösung zu sein, aber die konservative Therapie sollte immer die erste Wahl sein! Außerdem empfinde ich es oft so, dass in den Medien und Netzwerken ein gewisser Druck aufgebaut wird, als sei eine OP das Allheilmittel.
Also Mädel, macht euch locker, tragt eure Kompression und lebt einfach ganz normal😉
Hallo Mädels,
Habe seit meiner Krebs OP auch ein chronisches Lypo trage die Strümpfe auch von Morgens 4.30h bis Abends 22.00h. War am am Anfang etwas ungewohnt, aber habe mich recht schnell daran gewöhnt Trage nur Jeans und Polos schon wegen meines Berufs. Bin Logistikmananagerin und da gehen Röcke garnicht 😀.
Finde es toll das man sich hier Erfahrungen austauschen kann.