Hat der Kauf eines Fahrrades wirklich was mit Lipödem zu tun? Mit Mehrgewicht? Meine Erfahrung sagt eindeutig „ja“!
Liebe Leserinnen, liebe Leser,
aufgewachsen bin ich auf dem platten Land, unweit der Niederlande. Fahrradfahren gehört dort einfach dazu. Zur Schule, zu Freunden, zum Einkaufen und für alle kürzeren Wege ist die „Fietze“ das Transportmittel der Wahl – bei Wind und Wetter. Inzwischen fahren dort sehr viele Leute E-Bikes, weil der Wind garantiert immer von vorne kommt. Ein norddeutsches Gesetz, wenn Ihr mich fragt.
Inzwischen lebe ich schon viele Jahre im Großraum München – da ich ungern Auto fahre und der Alltag auch gut mit öffentlichen Verkehrsmitteln und dem Fahrrad machbar ist, fahre ich täglich mit dem Fahrrad. Kleine Fahrradtouren und Wege zum Bahnhof, zur Post, zum Einkaufen – alles gut machbar.
Zu Beginn meiner Kompressionskarriere fand ich Fahrradfahren unangenehm. Die Kompression scheuerte auf den Oberschenkelinnenseiten, die Nähte zwischen Leibteil und Beinen taten weh, der Abschluss am Bauch nahm mir auf dem Fahrrad den Atem. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war klar, dass meine Kompression nicht gut genug an meinen Alltag angepasst war. Ich habe das im Sanitätshaus angesprochen und wir haben Änderungen an der Versorgung vorgenommen. Außerdem habe ich im Fahrradladen einen Sattel gekauft, der weicher war und breiter. Seither ist das Radfahren mit Kompression für mich ganz normal. Ich denke nicht mehr darüber nach, ob es geht oder nicht.
Mein Fahrrad ist in die Jahre gekommen. Meine Mama hatte es vor Jahren gebraucht gekauft, ich habe es übernommen und hatte damit sogar schon einen Unfall. Wir haben es im Anschluss instand setzen lassen und es begleitete mich danach noch einige Jahre. Mindestens einmal im Jahr musste es in die Werkstatt, irgendwas war dann doch immer mal defekt und die Inspektion wollte regelmäßig durchgeführt werden. Was mich immer ein wenig gestört hatte, war das Gewicht des Fahrrads. Alleine konnte ich es nicht in den Fahrradkeller bringen. Was mir an dem Fahrrad gefiel war der tiefe Einstieg. Damit waren zwei Kriterien für den eventuellen Fahrradkauf schon lange vorher klar.
Ich habe lange hin und her überlegt, ob ich wirklich ein neues Rad brauche. Meines fuhr ja – ein treuer Wegbegleiter. Und so viel Geld für ein Fahrrad gibt man auch nicht einfach so aus, ich jedenfalls nicht. Dann aber kam die Gelegenheit in Form einer Prämie meines Arbeitgebers. Das Geld aus der Prämie wollte ich nicht einfach irgendwie ausgeben. Es war eine Art Belohnung für meine Arbeit, davon wollte ich mir etwas Besonderes leisten, etwas von dem ich länger was habe. Die Entscheidung fiel mir am Ende nicht schwer: ein neues Fahrrad sollte es werden.
Wie bereits erwähnt, wollte ich ein leichteres Fahrrad mit einem tiefen Einstieg. Der tiefe Einstieg ist mir sehr wichtig; durch meine voluminösen Beine, die bedingt sind durch das Lipödem und Lymphödem, kann ich die Beine beim Auf- und Absteigen nicht so gut anwinkeln wie andere. Durch das Kriterium des tiefen Einstiegs ergab sich auch die Rahmenform: ein bequemes Citybike, mit aufrechter Sitzposition. Diese Sitzposition ist für mich von Vorteil. So tun mir die Arme beim Radfahren nicht weh und die Hände schlafen nicht ein. Ebenfalls habe ich auf einen guten, nicht zu harten Sattel geachtet, der nicht zu schmal ist, denn mein Gesäß ist ja auch nicht schmal.
Zudem sollte das neue Fahrrad stabil sein und mein Körpergewicht tragen. Das maximale Gewicht, dass zugeladen werden darf, gibt der Hersteller an. Bei Standardfahrrädern beträgt das maximale Gewicht meist weniger als mein Körpergewicht. Das hat die Auswahl schon sehr eingeschränkt. Ein Standardfahrrad bricht unter mir vermutlich nicht zusammen. Der Sicherheitsaspekt ist mir dabei aber wichtig. Die Bremsen müssen mehr Gewicht abfangen können. Außerdem ist die Federung auf ein höheres Gewicht abgestimmt, das schont Bandscheiben und Gelenke. Für einen kurzen Moment beim Aufsteigen auf das Fahrrad liegt das gesamte Körpergewicht auf einer Aufhängung eines Pedals. Diese möchte ich nicht verbiegen und so irgendwann einen frühzeitigen Austausch verursachen.
Seit einigen Jahren geht der Trend zum E-Bike bzw. Pedelec. Hierbei werden die Tretbewegungen mit spürbarer Motorkraft unterstützt. So erreicht man auch hohe Geschwindigkeiten mit wenig Kraftaufwand, um leichter Berge und Hügel zu erklimmen oder dem norddeutschen Wind etwas entgegenzusetzen. Durch weniger Kraftaufwand beim Treten schont man die Gelenke, auch das ist für viele Radfahrer ein Plus.
Ich habe mich schlussendlich gegen eine elektrische Unterstützung entschieden und ein klassisches Fahrrad gekauft. Nach meiner Internetrecherche wusste ich, welches Fahrrad von welchem Hersteller ich haben wollte. Da ich beim leichteren Nachfolgemodell meines alten Fahrrads gelandet bin, waren meine Bedenken bezüglich der Sitzposition und des Komforts ziemlich gering. Mit dem Modell im Kopf bin ich zum Fahrradhändler meines Vertrauens gegangen und er hat mir mein Wunschfahrrad bestellt. Das Fahrrad war glücklicherweise in der richtigen Größe lieferbar und schon nach wenigen Tagen und kurzer Aufbereitung im Fahrradgeschäft abhol- und einsatzbereit.
Ein guter Kauf, den ich noch keinen Tag bereut habe.
Erzählt mal, fahrt Ihr gerne Fahrrad? Habt Ihr in letzter Zeit ein Fahrrad gekauft?
Alles Liebe und allzeit gute Fahrt.
Eure Britta
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11 Responses
Hallo, Ich bin früher liebend gerne Fahrrad gefahren. Mittlerweile nicht mehr so, da ich häufig Schmerzen dabei habe. Ich finde das super, was du erzählst. Vielleicht sollte ich mir auch mal ein anderes Fahrrad zulegen, das entsprechend meiner jetzigen Bedürfnisse ist.
Ich habe mir vor 14 Tagen ein E-Bike gekauft und ich muß sagen es war die beste Entscheidung meines Lebens. Es macht soviel Spaß damit zu fahren. Die Akkuunterstützung nutze ich wenn ich merke es geht bergauf,ansonsten nicht. Dieses Fahrrad bedeutet für mich Freiheit pur.
Mein Rad hat auch einen tiefen Einstieg und einen breiten Sattel.
Hallo Sabrina, vielen Dank für deinen Kommentar!
Aus meiner Erfahrung machen die Rahmenform, Einstellung von Lenker und Sattel und der Sattel selber viel aus. Bei meinem alten Fahrrad sind mir die Arme nach wenigen Metern eingeschlafen, die Fahrradhändlerin konnte das Problem innerhalb von 2min lösen, in dem sie den Lenker anders eingestellt hat.
Vielleicht kannst du dir ja mal ein Fahrrad aus dem Freundeskreis ausleihen und testen, was für dich passt. Bei einem guten Fahrradhändler sollten Probefahrten möglich und eine gute Beratung inbegriffen sein, finde ich.
Liebe Grüße. Britta
Hallo Britta,
ich liebe das Radfahren!
Ich habe allerdings das Glück, dass es bei mir auch ohne Kompression für längere Strecken klappt. Die kurzen Wege im Alltag sind auch mit Kompri gut machbar.
Ich habe mir letztes Jahr über den Arbeitgeber ein Gravelbike (Rennrad mit breiten Reifen 🙂 ) , auch mit Bio-Antrieb, geleast und bin jetzt noch glücklicher als vorher mit dem Trekkingbike. Seit dem fahre ich auch noch mehr Rad als vorher. An Pfingsten steht die erste 7-Tage Radreise mit dem neuen Rad an. Bin schon ganz gespannt
Hallo Nadine,
vielen Dank, dass du deine Erfahrungen teilst! Toll, dass du auch so viel Spaß am Radfahren hast. Mein Arbeitgeber möchte jetzt auch eine Option für ein Jobrad anbieten.
Auf deiner 7-Tage-Tour wünsche ich dir ganz viel Spaß, wunderbare Eindrücke und eine richtig gute Zeit.
Liebe Grüße. Britta
Ich habe mir vor ca drei Jahren ein E-Bike gegönnt. Mein altes Rad war wirklich alt und ich brauchte ein neues. Wegen meines kaputten Knies ist mir die Entscheidung ziemlich leicht gefallen. Ich mache eigentlich alles mit dem Rad und dank eines Lastenanhängers auch Großeinkäufe für die Familie. So kommen in einer durchschnittlichen Woche etwa 50km zusammen. Seitdem ich den Bolero trage habe ich beim Radfahren keine Schmerzen mehr in den Armen. Die Strumpfhose musste am Anfang auch angepasst werden, ein breiterer Zwickel macht die Kompri fahrradtauglich. Das ist das eigentliche Thema, wir müssen nicht unser Leben an die Kompri anpassen, sondern die Kompri muss so angepasst werden, dass sie zu unserem Leben passt!
Hallo Eli,
vielen Dank für deinen Kommentar und dass du deine Erfahrungen mit uns teilst!
50km die Woche sind ja echt einiges, vor allem noch mit einem Anhänger! Deinen Tipp mit dem Zwickel finde ich sehr hilfreich, ich glaube, das werde ich auch ausprobieren.
Und du hast absolut Recht mit deiner Aussage, dass wir nicht unser Leben an die Kompri anpassen sollten, sondern die Kompri an unser Leben. Das ist die richtige Einstellung, finde ich!
Ich finde deinen Beitrag, aber auch die Kommentare dazu sehr informativ. Auch ich bin immer mit dem Fahrrad gefahren und war stolz, dass ich es trotzt Kompression geschafft haben. Ich war gerne bereit einen höheren Preis zu zahlen was meinem Gewicht gezollt war. Leider hat sich mein Zustand verschlechtert, so dass ich Angst beim Aufsteigen habe ( unsicheres Halten des Lenkers und Pedalbruch ) . Trotzdem habe ich immer noch den Wunsch wieder das Fahrradfahren aufzunehmen. Ich würde mich freuen wenn ihr mir schreiben würdet für welche Fahrradmarke ihr euch entschieden habt.
Hallo Lucia,
vielen Dank für deinen Kommentar und deine Erfahrungen! Ich wünsche dir sehr, dass du die Möglichkeit hast bald selbst wieder aufs Fahrrad steigen zu können. Deine Sorgen beim Aufsteigen aufs Fahrrad kann ich nur zu gut verstehen.
Mein Fahrrad ist vom Hersteller Kalkhoff, das Modell heißt Agattu XXL 8R. Dort gibt es auch eine Rahmenform mit einem tiefen Einstieg.
Hallo zusammen,
bevor die Sache mit Lip- und Lymph in den Beinen vor etwa 8 Jahren ausbrach, stand bei mir auch ein neues Fahrrad an. Eigentlich sollte es ein normales Trekkingfahrrad werden. Ich konnte mich nicht richtig entscheiden und als ich endlich das Richtige gefunden hatte, war klar, dass ich noch etwas Geld zusammensparen muss. Genau in dieser Zeit kamen in einem Sommer zuerst die dicken Zehen und etwa ein halbes Jahr später die Schmerzen und meinen sowieso schon immer dicken Beinen. Mein Weg zur Arbeit mit dem Fahrrad war mit meinem noch alten Drahtesel nicht mehr möglich, wo ich es vorher zwar mit Anstrengung, aber immer geschafft hatte. Ich muss dazusagen, dass ich am Rande des Taunus in Hessen am Hang wohne. Ich bin jedoch seit meiner Kindheit regelmäßig mit dem Rad gefahren. Seit der Sache mit meinen Beinen habe ich trotz Versorgung eine Schwäche in den Beinen, die ich trotz regelmäßiger Bewegung in Kompression und MLD nicht mehr wegbekomme. Das Problem habe ich auch beim Bergauflaufen (ich liebe Wandern) und beim Treppensteigen.
Aber zurück zum Thema…Zum Glück hatte ich mir mit dem Kauf des das Trekkingfahrrad noch Zeit gelassen, sodass ich mir nun eingestehen musste, dass es ohne E-Bike nicht mehr geht. So habe ich mir vor ca 6 Jahren dann ein solches geleistet und habe es nicht bereut. Wie Simone schalte ich den Antrieb nur dazu, wenn es bergauf geht oder ich einen schlechten Tag mit den Beinen habe, wo es fast garnicht geht.
Mehr als max. 10 km schaffe ich aber trotzdem nicht, da wegen des Lip am Po starke Probleme habe. Habe schon viele Sättel probiert, aber noch keinen für mich geeigneten gefunden. Deshalb stelle ich mal die Frage in den Raum:
Welche Sättel habt ihr denn so auf euren Drahteseln?
Viele liebe Grüße,
Andrea
Hallo Andrea, vielen lieben Dank, dass du deine Erfahrungen teilst.
10km sind doch super und toll, dass du das Radfahren trotzdem so durchziehst.
Der Sattel auf meinem Fahrrad ist der Sattel, der vom Hersteller mitgeliefert wurde. Lt. Technischer Daten ist das ein „Selle Royal Giara“. Ich bin mit dem Sattel sehr zufrieden, für mich ist er breit genug, nicht zu hart und nicht zu weich.
Alles Liebe, Britta