Wie lange war ich nicht mehr auf einem Konzert? Das war schon etwas her, ich meine, 2017 waren es die letzten (H.I.M und Korn, ja, ich höre solche Musik 😉).
Damals hatte ich bereits regelmäßig Schmerzen in den Beinen, gerade abends nach einem langen Tag oder schwere Beine beim Treppensteigen. Nur wusste ich damals noch nichts von der Erkrankung Lipödem und hätte nie in Betracht gezogen, eine chronische Erkrankung zu haben, welche für meine Schmerzen verantwortlich ist. Ich war doch immer gesund und wäre wegen Beinschmerzen nie zum Arzt gegangen, warum auch.. schließlich war der Tag lang, ich war viel auf den Beinen oder es kommt halt vom Rücken.
Somit war dieses Konzert nun das erste Konzert seit meiner Lipödem-Diagnose und das erste Konzert in Kompressionsstrumpfhose.
Ich freute mich tierisch auf den Abend, wenn es auch mitten in der Woche war, aber ich hatte am nächsten Tag dann einen Tag Urlaub zum Entspannen 😉
Da ich bis 18 Uhr arbeiten muss und wir um 20 Uhr in Köln sein mussten von Essen aus (ca. 1 Stunde Fahrt) hatte ich auch keine Zeit mehr für große Vorbereitungen. Im Konzertoutfit auf der Arbeit kann ich mit Kundenkontakt auch schlecht sitzen.
Wie mache ich das also, fragte ich mich.
Um kurz vor 18 Uhr war mein Freund pünktlich zu meinem Feierabend bei mir im Büro – mit meinem geplanten Outfit.
Nach Abschließen der Tür zog ich mich dann einfach kurzerhand im Büro um – ich entschied mich für ein Bandshirt zusammen mit einer Jeansshorts. Meine Kompression: eine Bauerfeind in Bordeauxrot – darüber zog ich noch eine Netzstrumpfhose und dazu schwarze Boots an. Fertig war ich fürs Rockkonzert von Ville Valo – dem Frontmann der Band H.I.M, welche sich 2017 auflöste und auf deren Abschiedstour ich war, der nun ein Soloprojekt gestartet hatte, allein ein Album veröffentlicht hat und damit nun auf Tour in Deutschland war.
Im Auto hatte mein Freund bereits belegte Brötchen vom Bäcker nebenan und 2 Trinkpäckchen mit Durstlöscher 😉 unser spartanisches Abendessen für heute. Nicht ganz so gesund, aber ausnahmsweise darf man das auch mal 🙂
Die Fahrt konnte los gehen!
Nach einer Stunde Fahrt und noch einmal 45 Minuten Parkplatzsuche waren wir da – endlich!
Ich gönnte mir einen großen Plastikbecher frisches Kölsch und gegen 21 Uhr fing Ville endlich an. Er performte abwechselnd neue Songs des neuen Albums und alte H.I.M Songs und hielt sogar eine kleine „Rede“ zum Weltfrauentag mit herzlichen Glückwünschen. Ich war regelrecht verzaubert von seiner Stimme und insbesondere den nostalgischen, alten Songs, die ich ausnahmslos alle mitsingen konnte. Was für ein wunderbarer, wunderschöner Abend.
Madame Lip fand das alles jedoch nicht ganz so toll wie ich.
Gegen Ende des Konzerts, nach 2 Stunden Stehen, spürte ich meine Beine ganz deutlich. Der typische Lipschmerz raste durch meine Beine, zog sich durch beide gesamten Beine bis in den unteren Rücken. Ich bewegte mich, doch trotz Tanzen zwischendurch und obwohl ich auch immer versuchte, mein Gewicht anders zu verlagern und auch trotz Kompression, gab Madame Lip ordentlich Gas. Meine Beine waren schwer und fühlten sich an, als ob sie in der Kompression gleich platzen wollten.
Mein Freund verstand bereits ohne, dass ich viel sagen musste, was los war. „Geht es?“ fragte er mich.
Ich versuchte, meine Beine etwas zu massieren durch die Kompression, hob immer mal wieder die Beine an und versuchte, mich etwas zu dehnen. Verlagerte mein Gewicht mal aufs linke, mal aufs rechte Bein. Es wurde nicht besser, im Gegenteil. Ich bin ansonsten im Alltag eine der glücklichen Lipödem-Betroffenen, die wenig Schmerzen hat – diesmal trieb das Lipödem es aber auch mit mir bunt, brachte mich an meine Grenzen des Erträglichen und lachte sich dabei munter ins Fäustchen.
Obwohl der Abend so schön war und ich jeden Song genossen habe, ertappte ich mich dabei, mir nun das Ende des Konzerts herbeizuwünschen. Trotzdem freute ich mich riesig über seine Zugabe, 4 Songs spielte er noch zusätzlich. Dann war es vorbei – leider und endlich. Leider für mich, endlich für meine Beine. Trotz der Schmerzen bahnte ich mir noch einen Weg durch die Menschenmassen zum Stand mit T-Shirts, CDs, Büchern und Accessoires und ergatterte noch ein richtig cooles Shirt – somit war der Abend perfekt.
Wir hatten sicher gute 1 bis 2 km entfernt parken müssen und liefen somit noch 15-20 Minuten ungefähr zu unserem Auto. Der „Spaziergang“ an der frischen Luft tat meinen Beinen und meinem ganzen Körper nun, nach 2 Stunden Stehen, richtig gut und die Schmerzen verringerten sich deutlich. Meine Beine fühlten sich wieder leichter an.
Im Auto zog ich meine Boots aus und gönnte meinen Füßen etwas Freiraum 😉 Zuhause angekommen, schlüpfte ich aus meiner Kleidung und der Kompression, welche ich aufgrund der späten Uhrzeit erst am nächsten Tag waschen wollte – ich habe ja noch andere Versorgungen, welche ich am nächsten Tag tragen kann, sagte ich mir. Die Kompression ließ sich ein klein wenig schwieriger ausziehen als sonst und saß gefühlt enger – meine Beine waren also dicker geworden.
Ich cremte meine Beine ein und massierte die Bodylotion vorsichtig in die Haut ein – ich war müde, aber die Zeit nahm ich mir noch.
Frisch eingecremt legte ich die Beine etwas auf Kissen hoch und kuschelte mich ins Bett.
Am nächsten Tag waren die Schmerzen weg und meinen Beinen ging es wieder ganz gut, die Kompression ließ sich recht leicht anziehen – so wie meistens.
Konzerte sind toll – aber nicht immer für Lipödem-Beine 😉
Ich würde es wieder machen, gerne sogar. Vielleicht nächstes Mal mit einer meiner anderen Versorgungen, um zu testen, ob es einen Unterschied macht. An den Schmerzen werde ich wohl nicht allzu viel machen können bei einem Stehplatz. Aber ich werde mir den Tag danach zukünftig eindeutig eine kleine Auszeit für mich und meine Beine gönnen – eincremen, entspannen, aufs Venenkissen lagern oder in die Therme gehen 🙂
Geht Ihr auf Konzerte? Erzählt doch mal, wie das für Euch war/ist und wie Ihr das handhabt, vielleicht habt Ihr ja Tipps für weniger Schmerzen 😉
Liebe Grüße,
Eure Sarah
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4 Responses
Yes – ich fühl dich! Mein erstes „schmerzfreies“ Rockkonzert war Avantasia. Damals in der Strong von Juzo. Ich hab festgestellt, dass ich in der „strengeren“ Qualität mehr aushalte als z B in der Expert. Für LARP und Rockkonzerte definitiv strengere Quali.
Rock on!
Seit 2016 zuletzt gehe ich nicht mehr auf Steh-Konzerte. Das ist praktisch nicht aushaltbar an Schmerzen. Generell sehe ich zu, dass ich keine zu langen Stehzeiten habe irgendwo. Wenn es doch mal zu befürchten steht, nehme ich einen kleinen zusammen drehbaren Hocker mit. Und nach Belastungen bei Schmerzen lege ich mich hinten im Auto quer erst ne Zeit, Beine auf das Venenkissen oder anderes höheres festes Kissen.
Hi,ein sehr interessanter Blogeintrag. Ich liebe Konzerte,leider werde ich danach auch immer bestraft mit starken Schmerzen,brennen und stechen in den Beinen trotz Kompression.Meine letztes Konzert im Februar war ein Sitzplatz ( waren alles Sitzplätze). Natürlich stand ich viel und tanzte mit,aber es war gut ab und zu sich hinsetzen zu können,dieses Konzert war tatsächlich angenehmer als die anderen,
Da ich zwischendurch ( z.b. bei langsamen Lieder) mich kurz hinsetzen konnte und etwas entspannen konnte.
Liebe Grüße
Vielen Dank für eure lieben Antworten auf meinen Beitrag:) ich bin anscheinend lange nicht die einzige, der es so ergeht nach langem Stehen.