Rückblickend fing es mit 14 Jahren an, als ich anfing die Pille zu nehmen. Meine Oberarme und Beine wurden immer kräftiger und unförmiger. Ich schämte mich sehr, zog keine Röcke mehr an, Knöchel zeigen ging auch nicht mehr. Ich ging nicht mehr schwimmen, obwohl ich Wasser und das Schwimmen liebe. Im Sommer „versteckte“ ich mich unter langen Hosen, selbst T-Shirts waren ein Graus. Mein Selbstwertgefühl wurde immer weniger, zumal ich in der Klasse auch gehänselt wurde. Mit ca. 20 Jahren merkte ich, dass ist kein normales Übergewicht habe, da steckt was anderes dahinter so unförmig, stark dellig und mit all den Knoten. Ich ignorierte es auch Scham und Angst. Ich fing an meine Beine und Arme zu hassen, vor allem meine Beine. Ich behandelte sie wie ein Fremdkörper, als gehörten die Beine nicht zu mir.
ging ich nach langer Zeit mit einer Freundin an den See, zum Glück war wenig los. Meine Freundin sagte zu mir ich solle mal zum Arzt gehen, sie glaubt ich habe Wasser in den Beinen. Das brachte mich zum Nachdenken und so informierte ich mich im Internet und wurde sehr schnell auf das Lipödem aufmerksam. Ich sah verschiedene Bilder und mir war klar, ich leide vermutlich am Lipödem. Da aber vieles immer aufs Übergewicht geschoben wurde und es immer so aussieht, als würde man zu viel essen oder keinen Sport machen, bin ich nicht zum Arzt. Ich hatte damals nach der Arbeit, nach einem Ausflug Schmerzen an den Beinen, aber ich schob es aufs Übergewicht und dachte das muss so sein. Die anderen Symptome wie schnell blaue Flecken bekommen, kalte Beine und Füße waren damals auch da. 2008 wurde ich schwanger, die Hormone kamen durcheinander und es löste einen kleinen Schub aus. Die Beine und vor allem die Arme wurden dicker, obwohl ich sehr viel abnahm in der Schwangerschaft, denn bis Ende sechster Monat konnte ich kaum die Mahlzeiten behalten, da ich sehr starke Übelkeit hatte. Nach der Geburt dachte ich, ich explodiere. Alles wurde schlimmer, die blauen Flecke, die Berührungsempfindlichkeit und die Beine so schwer wie Blei.
Nach der zweiten Geburt hatte ich einen ganz heftigen Schub. Die Schmerzen wurden immer schlimmer aber ich ertrug das alles aus Angst und Scham. Diese unglaubliche Schwere in den Beinen. Irgendwann hielt ich es nicht mehr aus, ich hatte 18 Kilo abgenommen, aber an den Armen und Beinen ging nichts. Die Schmerzen wurden immer schlimmer, sogar die Bettdecke tat an anstrengenden Tagen weh. Ich war immer weniger belastbar, auch psychisch am Boden und mein Selbstvertrauen ging immer weiter runter. Als mein Mann mich bat zum Arzt zu gehen, machte ich einen Termin beim Phlebologen aus. Ich wollte aus Scham unbedingt zu einer Frau, leider war die Wartezeit bis zum Termin bei der Ärztin 20 Monate, daher machte ich beim Kollegen gleichzeitig einen Termin aus. Nach 6 Monaten war es soweit. Ich war so aufgeregt und hatte so Angst, dass ich nicht ernst genommen werden. Ausziehen und vor allem die Beine zeigen, das ist so schlimm für mich. Der Arzt sagte gleich: „Das ist ein Lipödem Stadium 2, da fangen wir gleich mit der konservativen Therapie an, mit Kompression und Lymphdrainage, aber sie kommen nicht um eine OP drumherum, wenn sie eine richtige Linderung möchten.“ So wie es aussieht ist es ein nicht 100% Lipödem, sondern nur 50% und die restlichen 50% ist Adipositas.“ Das war ein Schlag ins Gesicht. Ich hatte meine Ernährung umgestellt, Sport gemacht (Zumba und Dance Aerobic) und 18 Kilo abgenommen. Natürlich hab ich ein paar Kilos zu viel, aber das tat so weh. Ich hatte zwei Monate später die BIA Messung, die man übrigens selber zahlen muss. Da kam raus, dass ich etwas zu viel Fett am Bauch habe aber das der Rest das Lipödem ist. Meine Diagnose erhielt ich im Juli 2021. Obwohl ich es schon viele Jahre ahnte, fiel ich nach der Diagnose in ein Loch. Ich weinte sehr viel, fand mich unattraktiv, nichts Wert. Im August fing ich mit der Kompressionsversorgung an und Anfang Dezember mit Lymphdrainage.
Mitte Juli 2022 hatte ich endlich den Termin bei der Ärztin in Tübingen. Sie nahm mich richtig ernst, verstand mich gleich und sah sofort wo ich die meisten Schmerzen hatte. Sie sagte ich bin schon im Stadium 3 und fragte, ob ich mir schon Gedanken gemacht habe und eine OP in Frage kommen würde. Es ist unglaublich wie positiv die Ärztin ist, wie sie mich beruhigt und gleichzeitig aufbaut. Am 13.03.23 hatte ich meine erste Liposuktion. Es war nicht ganz leicht, aber ich weiß es wird sich lohnen. Ein schmerzfreies Leben, bessere Beweglichkeit, Sport machen ohne Schmerzen und Krämpfe, mit den Kindern spielen und natürlich sich auch als „richtige attraktive“ Frau fühlen. Am 23.05. ist die zweite OP, vier sind bisher vereinbart. Die erste OP hat vieles bewirkt. Die Abnahme läuft wieder, ich mache sehr viel Sport. Ich bin so motiviert und positiv, ich habe ein neues Ziel vor Augen. Nächstes Jahr möchte ich gerne an einem Lauf teilnehmen. Ich möchte wieder richtig leben und es genießen. Ich kämpfe mich durch, für ein schmerzfreies Leben. Ich zeige mich immer noch ungern und versteckte meine Kompression, ich kann auch nicht mit jedem über meine chronische Erkrankung reden, aber ich möchte anderen helfen, Betroffenen Mut machen und habe mich daher dazu entschieden Euch meine Geschichte zu erzählen.
Wie war Euer Weg zur Diagnose? Lang? Wie seid Ihr damit umgegangen?
Liebe Grüße Eure Angie 🙂
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18 Responses
Hallo, danke für deine Geschichte! Ich habe im Noveinen Termin bei eben dieser Ärztin in Tübingen!!
Liebe Grüße Uli
Hallo Uli, ist es Deine erste OP? Die Ärztin und das Team sind der Wahnsinn,das lange Warten lohnt sich ,ich habe zwei OPs hinter mir die dritte ist am 24.7.23. Das Team geht so auf einen ein, beruhigt,nimmt einen ernst.Ich wünsche Dir alles Gute für die OP,wenn du Fragen hast können wir uns gerne privat austauschen.Liebe Grüße
Hallo, wer macht denn diese BIA Messung? Würde mich sehr interessieren.
Hi Nina,ein Phlebologe/in wenn die Praxis diese spezielle Waage hat,da wird mit Strom gemessen.
Man sieht ob man Wassereinlagerungen hat,wieviel Muskelmasse und krankes Fett.Liebe Grüße
Danke für deine offenen Worte. Das tut allen Betroffenen gut. Ich wünsche dir weiterhin alles Liebe und Gute und kann dir ganz ehrlich bestätigen, dass du eine wunderschöne junge Frau mit toller Ausstrahlung bist. Alles erdenklich Liebe für dich
Liebe Ingrid,danke für deinen Kommentar,das tut sehr gut zu lesen,dass es allen Betroffenen gut tut.Vielen lieben Dank für all deine lieben Worte und deine Wünsche.Dir auch weiterhin alles Liebe 😊
Liebe Angie
Prima. Mach weiter so und lass dich nicht abbringen von deinem Weg.
Es gibt so viele Menschen und auch Ärzte die keine Ahnung von den Thema haben und vorschnell urteilen.
Bei mir war der Schub mit Schmerzen in der Menopause mit 49 Jahren als ich Hormone nehmen musste.
Ich wurde dicker und dicker an den Beinen und Hüfte, bekam Schmerzschübe. Mein Frauenarzt hatte keine Ahnung und wurde durch mich erst über das Lipödem aufgeklärt.
Der Weg bis zur Diagnose war lang und steinig.
Ich bin auch bei dieser Ärztin final gelandet sowie in einer Selbsthilfegruppe. Habe mit Aquajogging, Walking , Meditation und bewusstem Umgang mit dem Thema meinen Weg gefunden. Trage täglich konsequent die Kompression, ohne geht nicht. Jeder muss fuer sich ausloten was hilft, wieviel man machen kann und wieviel Raum man dem Thema insgesamt geben möchte, vor allem im Alltag neben dem Arbeiten. Dazu braucht es Zeit, verschiedene Dinge auszuprobieren und mit sich selbst auch verzeihlich zu sein. Zuviel Duck bringt nur Frust.
LG Sabine
Hi liebe Sabine,vielen lieben Dank das du deine Erfahrungen erzählst,das ist sehr interessant.Dein Weg war sehr steinig,das tut mir so Leid.
Ja es ist wirklich traurig,wie wenig die Ärzte Bescheid wissen.
Ja,da hast du Recht ,zuviel Druck bringt Frust.
Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und Liebe.
Vielen Danke für deine Offenheit, ich bin noch „am Anfang“ und habe meinen ersten Facharztbesuch im Oktober. Ich habe „schon“ Kompression und LD. Ich schwebe noch sehr in der Luft und bin unfassbar nervös.
Ich habe deutliche zu viel auf den Rippen, aber irgendwann sollte ich den Schritt gehen.
Vielen Dank nochmal für deine Worte.
LG Helga
Hi Helga,sehr gerne.
Ich möchte anderen Mut machen.
Ja ich hab viel zu lange gewartet,aber irgendwann muss e sein,so wie du es sagst.Deine Nervosität kann ich wirklich sehr gut nachvollziehen,das ist normal und gehört leider dazu.Ich wünsche dir und drücke sie fest die Daumen,dass der Termin im Oktober gut klappt und du zufrieden die Praxis verlassen kannst.
Dir weiterhin alles Liebe und Gute
Danke für deine Geschichte. Macht Mut für viele andere Betroffene.
Liebe Grüße TONI
Sehr gerne Toni,vielen lieben Dank für deine liebe Worte.
Die alles Liebe und Gute.
Liebe Grüße Angie
Vielen Dank für deinen tollen Bericht!
Darf ich fragen, bei welcher Ärztin du in Tübingen warst?
Ich vermute, dass ich ein Lipödem habe und möchte es gerne diagnostizieren lassen, nur habe ich Angst, dass ich bei einem Arzt lande, der behauptet ich sei einfach nur dick, müsse weniger essen und mehr Sport machen (das habe ich mir leider schon oft genug von meinem Hausarzt anhören müssen, dabei mache ich 3-4 mal die Woche Sport und esse nur noch einmal am Tag).
Jetzt habe ich noch eine ganz blöde Frage:
Muss man die Diagnose eigentlich aus eigener Tasche zahlen, oder übernimmt das noch die Krankenkasse?
Hallo Liz ich bin beim OCC Tübingen/Mössingen dort gibt es einmal den Dr.Hoffmann auch sehr sympathisch und war bei meiner ersten OP dabei.Ich bin bei Frau Dr. Röhner- Zangiabadi.Sie ist mit OP Termine bis 2024 komplett ausgebucht,was ich wirklich verstehe kann bei der super tollen Ärztin.Sie nimmt einen Ernst,und sieht gleich wo die Schmerzen sind.Sie beruhigt einen sehr wenn man Angst hat vor der OP,ich muss dazu sagen die erste Liposuktion im März,war meine allererste OP und Sedierung.Das Team ist Klasse geht auf Wünsche ein,sie haben Zeit,machen nicht hopp hopp.Vor der OP muss man allerdings 1 Jahr die konservative Therapie machen,also Kompressionsversorgung und Lymphdrainage.
Stadium 1+2 wird leider immer noch nicht von der Krankenkasse bezahlt,das ist so traurig,denn auch im Stadion 1 kann man starke Schmerzen haben und viele Nebenerkrankungen wie Depressionen, Essstörungen,man kapselt sich auch vom sozialen Leben ab,arbeiten gehen ist leider auch nicht immer leicht und bei manchen Menschen schwer.
Ab Stadium drei wird dies von Kasse bezahlt .Ich wünsche dir weiterhin alles Gute und und das sie dich auch ernst nimmst.
Es gibt dort in Tübingen eine spezielle Waage,die anzeigt das nicht alles nur das reine Übergewicht schuld ist sondern auch sehr stark das Lipödem schuld.
Die meisten Hausärzte kennen nicht tatsächlich nicht genug in diese Thematik aus,da ist man beim Phlebologe besser aufgehoben.Ich wünsche dir viel Glück und das du schnell Termine bekommst,am Besten diese Woche anrufen,die haben gerade Systemumstellung und man kann online keinen Termin vereinbaren.
Und meistens dauert es drei Monate bis man einen Termin bekommen.
weiterhin alles Gute und viel Mut,es lohnt sich wirklich zu ihr zu gehen!!! Liebe Grüße Angie
Liebe Angie ♡
Vielen Dank für deine mutmachende Geschichte! Du bist eine Powerfrau und vor allem bist du wunderschön! =D =D ♡
Bei mir begann es auch in der Pubertät (ich nahm auch die Pille). Keiner konnte mir helfen. Man wird angesprochen, nicht schön. Schmerzen in den Beinen beim Fliegen hatte ich auch.
Erst mit 30 Jahren wurde es richtig festgestellt auf meine konkrete Nachfrage! Hatte den Tipp von einer Kollegin bekommen, dass es ein Lipödem sein könnte. ♡
Danach endlich Flachstrick Kompression. Nach einem weiteren Jahr bekam ich endlich Manuelle Lymphdrainage, darauf bin ich durch die Lymphselbsthilfegruppe gekommen. 🙂
Das tut so gut und ich verliere richtit an Umfang an den Beinen und muss gleich pinkeln.
Ich kann euch einen Lymphamaten/Lymphapress (IPK Gerät empfehlen).
Wünsche dir alles Liebe! ♡
Alica
Liebe Alica,
vielen lieben Dank für Deine. Kommentar und dein Kompliment,das tut so gut.
Ja,,das stimmt..man wird abgesprochen..alles tut weh .
Oh man da hast Du auch lange warten müssen bis zur Diagnose.
Super,dass Dir die Lymphdrainage soviel hilft,das ist wichtig.
Ich gehe auch 2-3 mal die Woche zur Physio.
Ich muss danach auch immer direkt zur Toilette 😃der Körper arbeitet.
Ich wünsche Dir weiterhin alles Liebe und Gute,vorallem wenig bis gar keine Schmerzen.
Liebe Grüße Angie 😊
Wie lange dauert es
Liebe Angie, vielen Dank für Deinen Bericht, das ist das wonach ich gesucht habe. Ich leide seit Jahren am Lipödem (jetzt Stadium 2) und war zuvor in einer Praxis am Europaplatz in der mir immer wieder gesagt wurde: Ja dann müssen Sie sich beim Essen zügeln und mal Sport machen. Ganz ehrlich, ich mach 4 x die Woche Sport und hatte immer das Gefühl, es genügt nicht….. Wahrscheinlich mach ich etwas falsch. Nun war ich auf Anraten meines Physiotherapeuten bei Dr. Hoffmann von OCC und dort wurde es direkt diagnostiziert. Mich würde interessieren, wie zufrieden Du mit den OPs bist. Ich hatte heute noch ein Onlinegespräch mit Lipocura, da ich Selbstzahlerin bin wird das alles sehr teuer…..
Liebe Grüße
Nicole