Selbstmanagement und „Fremdmanagement“ – Was kann ich tun? Diese Frage beschäftigt wohl Jede(n). Nach der Diagnose oft erstmal ohnmächtig und hilflos, ziellos umherstreifend im Internet nach Hilfe. Da ist es gut, sich einer Community (wie hier) anzuschließen. Denn…. die „alten Hasen“ sind einem einen Schritt voraus und können wertvolle Tipps liefern.
Nun ja, erstmal ATMEN! Ganz wichtig, nicht den Kopf verlieren, nicht zu viel grübeln, was ich jetzt alles nicht mehr kann und wie es mich beeinträchtigen wird. Negative Gedanken bringen uns hier sicher nicht weiter. Lies etwas in einem Lipödemblog (Warte, dass tust Du ja gerade schon, na herzlichen Glückwunsch!). Vergiss bitte Google. Ähnlich wie andere Erkrankungen stehen da oft solche Horrorgeschichten. Das brauchen wir nicht. Denn, nachdem Du alles hast sacken lassen geht es ans Selbstmanagement.
Was meine ich damit? Das, was DU selbst tun kannst. Du kannst z.B. täglich Deine Beine abrollern. Ich mache das gerne mit einem Holzroller. Der hält das Gewebe schön weich und verhindert Verhärtungen und somit zu starke Schmerzen. Ich habe auch meine Ernährung umgestellt. Nein, ich meine jetzt nicht, dass das Fleisch auf der anderen Seite vom Teller liegt. Ich versuche auf weißen Industriezucker zu verzichten (wahrscheinlich die größte Herausforderung, denn der Mist ist echt überall drin), esse viel Gemüse und auch Obst, kein Schweinefleisch (Naja, ab zu zu mal einen Braten, aber sehr sehr selten.), kein Alkohol (Ja, wirklich. Fast zumindest. Nur im Urlaub gönne ich mir mal einen Spritz.) und ich versuche auch auf Weißmehlprodukte zu verzichten und setze lieber auf Vollkorn. Denn Zucker, Alkohol, Schweinefleisch und Weißmehle stehen im Verdacht Entzündungen zu schüren und das wollen wir hier nicht.
Du kannst auch Wassertreten machen. Es gibt nichts erfrischenderes und besseres als einen Spaziergang in ca. knietiefem Wasser. Probiere das einfach mal aus. Ich habe mir letztes Jahr einen großen Wunsch erfüllt. Einen Whirlpool zum Aufblasen für den Garten. Ich sage Euch, das sind meine Highlights des Tages. Denn der hat Hydrojetdüsen und die wirken wie eine Unterwassermassage. Überhaupt ist Wasser Euer Element. Durch den Wasserdruck hat man eine hervorragende Lymphdrainage.
Auch die Kompression tragen gehört zum Selbstmanagement. Bitte bitte tut Euch selbst einen Gefallen. Geht GLEICH zu einem Fachzentrum. Die meisten Ärzte sind nicht geschult und können das Lipödem nicht wirklich diagnostizieren. Es gibt in jeder größeren Stadt ein Gefäßzentrum, die haben sehr oft eine reine Lipödemsprechstunde. Denn nach der gesicherten Diagnose heißt es FLACHSTRICK. Nix anderes. Flachstrick ist unsere 2. Haut und die könnt Ihr im Sommer auch wunderbar nass machen (auch gerne Wasser mit Minzöl mischen, erfrischt herrlich). Einfach auf das Gestrick sprühen und Ihr habt eure Klimaanlage immer dabei.
Dann praktiziere ich noch Ishnaan. Bitte was 😉 Okay, auf deutsch = kalte Dusche. Doch Ishnaan ist irgendwie mehr als das. Lest euch gerne im Netz mal darüber ein. Es kann lebensverändernd sein. Außerdem habe ich meinen IPK. Oh Mann, was ist das denn jetzt schon wieder. Ich weiß, alles viel am Anfang. Intermittierende Pneumatische Kompressionstherapie oder auch Lymphomat. Die Teile ersetzen die Lymphdrainage nicht. Können sie aber sinnvoll ergänzen und vor allem auch in der Ferienzeit, wenn alle Therapeuten Urlaub haben so manchen Tag überbrücken. Ich habe eine Hose (sieht aus wie eine Anglerhose, s. auch das Bild) und dann noch eine Jacke. Die Zeit in meinem Lymphomaten genieße ich sehr und man kann sie sinnvoll nutzen. Zum Meditieren oder Podcast hören zum Beispiel.
Letztes Selbstmanagement-Tool ist Bewegung. Moderate Bewegung hilft sehr. Seitdem meine Beine so schwer sind und die Pakete wirklich extrem in Schwingung geraten bei schnellerem Gehen fällt es mir schwer Ausdauertraining zu machen. Also geht nur Walken (und das auch nicht immer). Schwimmen wäre wie gesagt super. Aber nicht jeder hat die Möglichkeit dazu in der Nähe. Also Y O G A. Ja genau, ich mache Yoga. Und das tut mir so gut. Es hilft mir auch psychisch mit der Krankheit besser umzugehen und ich werde regelmäßig gefragt, wo ich die „geilen“ Leggins her habe. Ich trage nämlich bunt. Also meine Kompression ist sehr farbenfroh. Wenn ich dann sage, dass ich die von der Krankenkasse bekomme ist erstmal der Blick für die Götter. Ich erkläre dann aber, dass ich eine Krankheit habe und die tragen muss, weil sie hilft.
„Fremdmanagement“, warum setze ich das in Klammern. Weil eigentlich alles Selbstmanagement ist, auch wenn es andere machen. Nach der Diagnose hast Du hoffentlich zwei Rezepte in der Hand.
Das 1. ist die Kompressionsversorgung und das 2. die Lymphdrainage. Beides wichtige Helfer im Alltag. Tja, aber was mach ich jetzt damit? Nun, ganz einfach oder manchmal doch nicht. Du versuchst (viele Praxen sind leider dauerhaft ausgebucht und belegt) Dir einen Dauer-Therapieplatz (Wichtig, dass Du am Telefon sagst, dass Du Dauerpatient wirst.) für die Lymphdrainage. Hoffentlich hast Du gleich (sonst bitte den Arzt drum bitten) ein Rezept für eine 24er Lymphdrainage. So hab ich das auch. Also 12 Wochen, 2mal die Woche je 60 Minuten MLD (manuelle Lymphdrainage). Wenn Du dann eine Praxis (Physiotherapie-Praxis) gefunden hast und Dein 1. Termin steht bevor, geht manchen ein wenig der Stift. Was kommt da auf mich zu, was machen die mit mir, wie weit muss ich mich ausziehen, tut das weh? Sind oft die ersten Sätze im Kopf. Also eins nach dem anderen. Ich bekomme „nur“ Lymphdrainage an den Beinen (obwohl ich auch Stadium III an den Armen habe). Da die Armschmerzen aushaltbar sind und ich mit dem Lymphomaten gut zurecht komme, bringt mir persönlich nur die Beine einfach mehr. Also ziehe ich mich untenrum bis auf den Schlüpfer aus. Dann legst Du Dich auf eine Liege und es geht los. Jeder Therapeut hat andere Griffe und jeder auch oft eine andere Reihenfolge. Meine machen es so: Zuerst Lymphknoten am Hals frei machen, dann tiefe Bauchatmung und Lymphknoten im Bauch und dann in der Leiste bearbeiten. Dann wird in milden Bewegungen (die sind schwer zu beschreiben, nicht richtig Massagegriffe, eher so ein hochschieben) die Beine bearbeitet. Erst das eine, dann das andere. Es tut überhaupt nicht weh, ist sehr angenehm und fast wie gestreichelt werden. Also freue Dich drauf.
Jetzt kommen wir zum 2. Teil, der Kompressionsversorgung. Am besten ist es, Du gehst zum Sanitätshaus Deines Vertrauen (vorausgesetzt die machen auch Flachstrick-Kompressionsversorgung, bitte vorher erfragen). Dann hast Du einen Termin zum Ausmessen. Oh Gott, was kommt da wieder auf mich zu. Im besten Fall eine sehr nette, kompetente Sanifee, die Dir lange zur Seite steht, der Du alles erzählen kannst, alle Ängste äußern darfst und die Dich sehr gut berät. Hier (in meinem Fall) bist Du schon etwas mehr „nackig“. Ich stehe da nur noch in Schlüppi und BH. Ich bekomme eine Kompressionsstrumpfhose und einen Bolero mit Handschuhen. Muss also überall ausgemessen werden. Dann legt ihr noch evtl. Zusätze fest (da gibt es eine Menge, lass Dich da gut beraten, was für Dich passt) und dann heißt es abwarten, Daumen drücken und auf das Okay der Krankenkasse warten. Wenn die den eingereichten Kostenvoranschlag (Nicht erschrecken, wenn die Genehmigung Deiner KK kommt, da kommen ganz schnell mal 1.000 Euro pro Versorgung zusammen.) genehmigt haben, darf bestellt werden. Willkommen in meiner Welt. Purple Smash, Yellow Wow, Petrol Boom, Zimt Batik weiß, Kakao Batik schwarz, zieren meinen Kleiderschrank. Ich liebe bunt. Man sieht die Kompri eh, also was soll’s. Dann aber richtig 😉 Und jetzt heißt es Spaß haben. Ich war nie der Modetyp (bin ich immer noch nicht). Aber seit meiner Kompri trage ich sehr sehr viel Kleid. Weil es einfach praktisch ist, luftig und die Kompri hält alles an Ort und Stelle. Außerdem ist sie das perfekte Bauchwegdräng-Modestück und lässt sich so toll kombinieren. Im Sommer auch gerne mal nur Strumpfhose (dann mit offener Fußspitze) und langem Shirt. Herrlich.
Also nicht so viel Kopf machen, was andere denken. Das kannst Du eh nicht beeinflussen. Einfach machen. Viel Spaß! Eure Mila
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3 Responses
Liebe Mila,
vielen Dank für diesen tollen auf munterten Beitrag
Gerne
Hallo Mila, deine Erklärungen sind super. Auch bei mir gibt es fast nur noch Kleider, weil ich immer das Gefühl habe, dass Hosen mir meine Kompri runtergehen. Mach weiter so. LG Sibylle