Meine Beine tun weh. Meine Arme tun weh. Die Bluse, die ich erst vor wenigen Wochen gekauft habe, spannt an den Oberarmen. Bei Instagram sehe ich Bilder von kürzlich operierten Frauen. In nahezu jedem Text steht etwas von neu gewonnener Lebensfreude, Energie und einem unglaublich guten Gefühl. Das hätte ich jetzt auch gerne.
Das wollte ich letzten Sommer schon und war aus diesem Grund bei einem Beratungsgespräch zur Liposuktion. Gedanken über die Finanzierung hatte ich mir bereits gemacht, wie ihr in den Beiträgen „Lipödem – kann ich mir eine Liposuktion leisten“ und „Lipödem – will ich mir eine Liposuktion leisten“ nachlesen könnt.
Vor dem eigentlichen Gespräch erhielt ich einen Fragebogen. Es wurde zum Beispiel nach der Schmerzstärke mit Hilfe einer Zahlenskala gefragt, ob ich Kompression trage und welche Auswirkung diese auf die Schmerzen hat. Ob ich Sport treibe, Diäten gemacht habe, ob ich rauche, Medikamente nehme etc.. Diesen Fragebogen habe ich mit zur Ärztin genommen. Eine freundliche junge Frau. Sie hat Fotos von mir in Unterwäsche vor einer weißen Wand gemacht. Die typischen Vorher-Bilder eben. Anschließend hat sie meinen Fragebogen durchgesehen. „Sie ernähren sich gesund, sind sportlich und machen alles, was möglich ist. Da sie dennoch Schmerzen haben ist nur nachvollziehbar, dass Sie sich operieren lassen möchten.“
Da wurde ich stutzig. Bei keiner Frage ging es um die Ernährungsweise. Geschweige denn die Dauer der Diäten oder der eigenen Konsequenz dabei. Neben der Häufigkeit des Sports wurde nicht nach der Art oder Intensität gefragt.
Die anschließende Beratung war eher ein Ablesen einer Power-Point-Präsentation. Dabei wurden hauptsächlich die typischen Symptome, ein möglicher Krankheitsverlauf – mit Ende im Rollstuhl – und viele Vorher-Nachher Geschichten aufgezeigt. Natürlich blieb auch Raum für eigene Fragen. Doch tatsächlich war ich zu baff und erschlagen als dass mir diese in dem Moment in den Kopf kamen (mein Tipp daher: Schreibt Eure Fragen vorher auf und legt den Zettel schon zu Beginn des Gespräches auf den Tisch).
Für mich fühlte sich dieses Gespräch nicht wie eine Beratung an. Es ging nicht um mich und meine individuelle Situation. Es fielen allgemeine Aussagen wie man sich wohl mit einem Lipödem fühle und dass die Operation die einzige dauerhafte Lösung sei. Ganz klar, dass man anschließend keine Kompression mehr benötigen würde. Auch klar, dass man danach nichts mehr machen muss um seinen Zustand zu erhalten. Hätte ich nicht kurz vorher bei Nella (nella_90) nochmal gelesen, dass auch sie trotz erfolgter Operationen wieder Schmerzen hat, Kompression benötigt und sich die Umfänge vergrößert haben, wäre ich vielleicht drauf rein gefallen. Denn sie schreibt nicht nur darüber dass es bei ihr so ist, sondern auch warum. Weil sie weniger Sport gemacht und weniger auf ihre Ernährung geachtet hat.
Was mich zur nächsten Überlegung bringt: Werde ich nach einer Operation ausreichend auf mich achten? Achte ich jetzt genug auf mich? Ein klares „Nein“ ist die Antwort auf beide Fragen. Meine Arme und Beine schmerzen aktuell nur, weil ich in den letzten Wochen nicht auf meine Ernährung geachtet habe. Weil ich seit Monaten keinen Sport gemacht habe. Weil ich eben einen Durchhänger habe. Das geht seit Jahren so, dass ich aktive und faule Zeiten habe. Und noch glaube ich nicht, dass sich das nur durch eine – bzw. vier – Operationen ändern wird.
Wenn ihr Euch Gedanken um die Operation macht, dann hinterfragt Eure Lebensweise und auch das Beratungsgespräch bitte kritisch. Denn noch etwas liest man unter all diesen Nach-OP-Beiträgen: die Liposuktion ist kein Spaziergang!
Eure Kathi
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2 Responses
Hallo Kathi,
darf ich fragen, in welcher Klinik du dein Beratungsgespräch hattest?
Ich habe ebenfalls schon ein paar Gespräche hinter mir aber leider noch keine passende Klinik für mich gefunden.
Liebe Grüße Janina
Liebe Kathi, liebe Lipödembetroffene,
eine gute Beratung zur Liposuktion ist beim Arzt selber, der operiert!
Dr. Broer und Dr. Heidekrüger in München-Bogenhausen bzw. bei Salzburg sind gute Operateure die sich hervorragend in plastische Chirurgie auskennen! Vertraut euch keinem Pfuscher an in einer "Hinterhofpraxis" an, nur weil es da günstiger ist!
Ab Grad 3 ist es bereits eine Kassenleistung!
Schade, dass junge Frauen mit Grad 2 und Beschwerden keine Behandlung von der KK bezahlt wird! Frau muss warten bis Grad 3 erreicht wird? Wie krank ist unser Gesundheitssystem – aber es entscheidet der B-GA: Gemeinsamer Bundesausschuss in Berlin!
Einzelfallentscheidungen sind nix für schwache Nerven…
Nach erfolgter OP muss weiterhin auf eine gesunde Ernährung und Bewegung geachtet werden, sonst droht eine Verlagerung der krankhaften Fettzellen an anderen Stellen – wie Bauch, Rücken, Flanken und Arme!
Passt auf euch auf!