Angela
Bloggerin
Liebe Leserinnen, Liebe Leser,
ich heiße Angela, bin 47 Jahre alt und habe meine Diagnose Ende 2011 erhalten. Ich liebe es, in der Natur unterwegs zu sein, kleine Wanderungen mit Picknick zu machen, auf dem Balkon zu gärtnern, kreativ zu sein, auf Mittelaltermärkte/Festivals zu gehen und Musik allgemein.
Da ich in meinem Leben schon einige Tiefen erlebt habe und es noch nicht ausgestanden ist, versuche ich mich mit aller Kraft durchzubeißen. Daher habe ich zwei Mottos:
Wie die meisten Betroffenen habe auch ich einen Ärzte Marathon hinter mir und bin der Meinung, dass wenn man eine Erkrankung hat, die zudem noch so komplex ist und so schwerwiegende Folgen hat, man erstmal sein eigener Fachmann werden muss, bevor man irgendwie an sich rumdoktern lässt, sprich falsche Kompressionsversorgung/Physio usw.
Dieses Wissen bekommt man meiner Meinung nach am besten in einer Fachklinik, wo man ja auch Patientenschulungen erhält und auch erklärt bekommt, worauf es ankommt und was man selber noch tun kann, um die Erkrankung in Schach zu halten. Diese Erfahrung machte ich nämlich 2011, als ich wegen meinen Ganzkörperschmerzen 14 Tage in einer Rheuma Klinik war und eine Patientenschulung mitmachte.
In der Klinik wurde Fibromyalgie als Weichteilrheuma bezeichnet, aber auch hier streiten sich ja die gelehrten, ob Fibromyalgie nun als Weichteilrheuma bezeichnet werden darf/soll oder nicht. Mir jedoch ist das völlig egal. Hauptsache mir ging es danach besser. Ich wusste nun woran ich bin und musste nicht mehr ständig zum Arzt rennen, um mich hinterher doch wieder als Hypochonder abstempeln zu lassen und oder alles auf mein Trauma schieben zu lassen. Jetzt hatte ich das Zepter in der Hand und wusste was ich tun kann, damit es mir besser geht (da wusste ich vom Lipödem noch nichts) Blöderweise bekam ich ein halbes Jahr später auch noch eine Polyarthritis – die Finger schwollten an, was nicht zu Fibro passte (auch nicht, dass es im warmen Wasser schlimmer wurde). Was erst ca 8 Monate später mit einem MRT herausgefunden wurde und der Arzt meinte, wenn ich Glück habe ist nur ein einmalige Sache…Aufgrund meines Posttraumatischen Belastungssyndroms ist für mich alles komplizierter und erstmal mit extrem viel Ängsten verbunden.
Ich (hatte) oftmals sehr starke Schmerzen, hauptsächlich nachts, und ein Gefühl als wären die Beine in einem Schraubstock. Die Haut brannte, wie wenn sie verbrannt wäre. Und ein Muskelkater ähnlicher Schmerz. Ich (hatte) oft sehr große Hämatome an den Beinen und nach unserem Umzug 2017 war ich an beiden Beinen nur noch grün und blau. Und ich bin sehr kälte empfindlich. Und während ich unterwegs bin, bekomme ich oftmals plötzlich im Bein einen sehr dumpfen oder manchmal auch sehr spitzen, stechenden Schmerz und meine Beine knicken einfach weg…Ferner (konnte) ich sehr schlecht lange laufen, lange Sitzen oder lange Stehen. Ca. 45 min war das Maximale was ich laufen konnte, wenn ich einen guten Tag hatte. Später sogar nur noch maximal 30 Minuten. Oftmals musste ich schon prophylaktisch Ibu 800 nehmen, damit ich überhaupt eine Veranstaltung besuchen konnte! Ende 2011 war ich wegen einer Venenasttrhrombose (die ich bereits 2007 hatte) bei einem Venenarzt, da die Vermutung bestand, dass ich wieder eine habe. Dort bekam ich die Diagnose Lipödem. Wie vielen wurde auch mir ein Rezept um die Ohren gehauen mit den Worten: Hier haben sie ein Rezept für eine Kompressionsversorgung. Am besten sie nehmen nicht zu und Tschüss…. Diese Worte und das Verhalten des Arztes gingen mir sehr lange nicht mehr aus dem Kopf. Ich war so verdattert, dass ich noch am selben Tag ins Sanitätshaus bin, um die Versorgung anzupassen zu lassen…25,- € musste ich als Eigenanteil zahlen und das ist für uns ne Menge Geld! Die Kompressionsversorgung war eine Strumpfhose RUNDSTRICK, mit der man erst testen wollte, ob ich eine Versorgung überhaupt regelmäßig tragen würde… Und so wie mir diese angepasst wurde und ich in diese regelrecht sehr grob hineingestopft wurde, war dies sofort zum Scheitern verurteilt. Ich brauchte halt etwas mehr Unterstützung und vor allem Ruhe, um mit (diesem) Fremdmittel an meinem Körper zurecht zu kommen!…Aber es war eh die Falsche.
Zuhause googelte ich natürlich was das denn eigentlich ist – ein Lipödem … Und ich bekam regelrecht Panik. Erschwerend kommt hinzu, dass ich ja noch andere Baustellen habe, die nicht ohne sind und ich mich von dem her sowieso schon ins Leben kämpfe und dann dass… Ich dachte na toll, dann kann ich ja gleich alles abbrechen und brauche gar nicht mehr zu kämpfen, denn wenn ich es dann endlich mal schaffe am Leben teilzuhaben, dann schmeißt mich diese Krankheit wieder zurück, zumal ich von Haus aus schon eh nicht gerade das beste Selbstbewusstsein habe und ich war der festen Überzeugung dass ich bald so dicke Beine habe, dass ich mich dann aus Scham gar nicht mehr unter die Leute traue…
Durch viele Ärzte (natürlich nicht alle) und schlussendlich natürlich auch durch das Internet wurden einem unterschiedliche Horrorszenarien in den Kopf gesetzt, was die Ängste natürlich nur verstärkte, dass ich mal ganz monströse Beine bekomme, dann auch noch ein Pflegefall werde.
Mit meinem Galgenhumor dachte ich dann nur noch: hoffentlich liegt dann rechtzeitig irgendwo ein Fläschchen Zyankali rum, falls es tatsächlich so weit kommt, denn vor allem wollte und will ich keinem zur Last fallen!
Und es wurde auch gesagt, dass Ernährung keinen Einfluss auf das Lipödem hat, man könne magersüchtig werden, die Beine aber bleiben davon unberührt. Ich war so gefrustet, dass ich in der ersten Woche alles in mich reinstopfte (was normalerweise gar nicht meine Art ist) und als meine Mama meinte, ich solle mich weiter gesund ernähren und wenig Zucker, glich meine Reaktion wohl einer Süchtigen, der man das Suchtmittel wegnehmen wollte … ich hatte sie ganz schön angefahren und gesagt, dass es doch egal sei was ich esse, die scheiß Beine werden doch eh dick, dann will ich wenigstens nicht auch noch auf Zucker verzichten müssen!!! Hinterher tat mir das natürlich sehr leid.
Nachdem ich mich dann etwas gefangen hatte, ging mein Ärztemarathon dann so richtig los und ich erlebte die schrägsten Sachen.
Nach all den Jahren weiß ich nicht mehr ganz genau bei wie viel Ärzten ich war und wer mir nun welche Strümpfe und oder Strumpfhosen verschrieb… Schlussendlich war es nur ein sehr langer, schmerzlicher Weg und im Internet hab ich auch erfahren, dass das Lipödem kaum ernst genommen und als Schönheitsfehler abgetan wird, ferner es sehr schwierig wäre einen kompetenten Arzt zu finden, der das auch als eine Erkrankung ansieht und nicht einfach als kosmetisches Problem.
Diese Erfahrung musste ich dann 2012 bei einem vermeintlichen Lipödem-Facharzt machen. Von ihm wollte ich mir eine 2. Meinung einholen und die Diagnose bestätigen lassen. Auch die 80 km nahmen wir zunächst gern in Kauf.
Der Arzt schaute mich für mein Empfinden belustigend aus der Ferne von seinem Bürostuhl, in dem er recht lässig saß. an ( ich saß auf dem Behandlungsstuhl nur im Slip, BH und Hemdchen ) und fragte doch glatt meinen Mann, gell sie würden ihre Frau auch noch lieben, wenn sie ganz dicke Beine hätte ?Ich kam mir vor wie auf einer Fleischbeschauung…Mein Mann war über die Art und Weise des Arztes völlig perplex und sagte aber : Natürlich würde ich meine Frau auch noch mit dicken Beinen lieben…Wieder bekam ich Kompressionsversorgung. Wieder stand ich vor tausend Fragezeichen.
Da ich den Kopf aber nicht in den Sand stecken wollte, recherchierte ich in alle Richtungen, um so viel wie möglich über diese Erkrankung herauszufinden.
Irgendwann kam ich dann auf die Feldbergklinik und hatte im Oktober 2012 einen ambulanten Termin. Der Arzt war der erste, der mir meine Angst etwas nahm und etwas Ruhe in das ganze brachte, aber mir auch deutlich sagte, dass JETZT was unternommen werden müsse, damit nicht auch noch ein Lymphödem hinzukommt – damit ich eben kein Pflegefall werde und OP umgangen werden kann. Ein anderer Arzt hatte mir nämlich gesagt, das sei die einzige Möglichkeit. Weiter sagte er, dass es gut war, dass ich die erstmal verordneten Rundstrick-Strümpfe nicht getragen habe, da diese nicht die richtigen sind und vor der Anpassung eben diese Lymphdrainagen Massage nicht statt gefunden hätte. Und das gerade Strümpfe verkehrt sind, weil diese abdrücken. Ferner fände er es gut, wenn ich stationär komme und empfahl mir die Beine alle halbe Jahre zu vermessen und mich gesund zu ernähren. Von der Kasse bekam ich allerdings die Kostenzusage nicht, weil die ambulante Maßnahme noch nicht ausgeschöpft war…Man riet mir, damit gerichtlich vorzugehen. Das war allerdings mordsanstrengend und ich verlor natürlich.
So versuchte ich nochmals bei einem niedergelassen Arzt einen Termin zu bekommen. Der Arzt ist sogar Vorstand in einem Lymphnetz, aber die Behandlung hat nie stattgefunden. Am 18.7.2013 hatte ich nach über 6 Wochen Wartezeit einen Termin. Mein Mann hatte extra Urlaub genommen und morgens um halb acht wurde ich angerufen, dass der Termin verschoben werden muss. Ich sollte Montag anrufen und bekomme dann schnell einen Ersatztermin. Aber der Ersatztermin war dann auch wieder mit einer 6-wöchigen Wartezeit verbunden. Der Termin wurde auf 10.9.2013 festgesetzt. Am 10.9.2013 riefen sie wieder um halb acht an, mein Mann hatte wieder extra frei genommen und wieder sollte der Termin verschoben werden. Sie hätten 4 Notfälle rein bekommen und hätten für SOWAS heute keine Zeit!
7 Jahre später, erst letztes Jahr, am 04.03.2020 war ich nun nach langem Ringen mit mir in der Ambulanz der Földi Klinik (davor war ich in der Angeologie Tübingen, aber dazu später). Die Psychologin von dort, hatte mich bei einem Vortrag im Sanitätshaus ermuntert, dorthin zu gehen. Auf den Termin selber musste ich dann aber fast ein Jahr warten. Der Arzt sagte mir, dass es viele falsche Mythen über das Lipödem gibt und dass ein Arzt bei dem ich war, ein netter Arzt wäre, jedoch kein Lipödemexperte. Ferner sagte er mir, dass ich alles richtig mache mit Bewegung, Kompressionsversorgung und Ernährung und wenn ich nicht über 70 kg komme, sei alles im grünen Bereich. Nur die Lymphdrainagen-Massage sei aufgrund des Lipödems nicht notwendig, da es ja kein Lymphstau gäbe… Er empfahl mir ein Buch. Wenn ich das Buch bis jetzt so quer lese, komme ich doch immer wieder zu einem Ergebnis: Man muss sein eigener Experte werden, auch wenn es schwer fällt die richtige Balance rauszufinden, da beim Lipödem noch vieles erforscht wird. Okay, auf die Ernährung kann ich achten und auch darauf dass ich mich weiter ausreichend bewege (woran ich ja seit 2 Jahren mit Erfolg arbeite). Aber wer kann mir bitte versichern, dass es nicht kontraproduktiv ist, wenn ich z.B. die Lymphmassage weglasse, die ja laut Aussage meiner Physiotherapeutin notwendig ist, damit keine Fibrose entsteht und es keine übermäßige Eiweisansammlung gibt.
Somit: lieber ein kleiner Schritt mit Erfolg, als ein großer, unter Umständen mit Misserfolg
Dann wäre das Leben schon um einiges leichter.
Ich wünsche Euch alles Liebe und falls ihr Fragen habt, dann beantworte ich diese gerne.
Eure Angela
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