Hallo liebe Mit-Lipladys,
Ich bin Sarah, 32 Jahre alt und habe Lipödem.
Es ist ja nicht so, dass ich keine nette und kompetente Ärztin hätte. Meine Phlebologin befindet sich in Velbert, ich war bisher immer zufrieden dort. Da ich allerdings eine Öffi-Fahrerin bin und auf dem Weg dorthin eine Fahrtzeit von 1,5 Std. pro Strecke habe inkl. 3 x Umsteigen, schaue ich nun nach einem/r neuen/r Phlebologen/in 😉 mehr in meiner Nähe.
Durch Recherche wurde ich schnell auf eine Praxis im Raum Essen aufmerksam. Das wäre ja perfekt, von der Arbeit aus wäre ich in etwa 30 Minuten dort und auch von uns zuhause aus ist die Entfernung absolut ok.
Ich machte einen Termin, fuhr hin und… lest selbst 😉
Da ich auch wieder ein neues MLD Rezept benötigte, wollte ich die Praxis ausprobieren. Da ich mich durch meine Bandscheiben-OP zu der Zeit damals im Mai in der Wiedereingliederung befand und ich daher weniger Stunden arbeitete, war ich terminlich recht flexibel. In der Praxis gibt es mehrere Ärzte. Online musste man zuerst auswählen, wegen welchem Krankheitsbild man zu einem der Ärzte möchte – es gibt dort auch eine Gefäßchirurgie. Ich wählte Lip-/Lymphödem. Zwei Ärzte wurden mir dann zur Auswahl angeboten, einer der beiden war bis Mitte Juli ausgebucht. Ich wählte daher seinen Kollegen, bei welchem ich tatsächlich sehr zeitnah einen passenden Termin erhielt, den ich bequem online reservieren konnte.
Am 12.05.2022 war ich also dort. Ich meldete mich vorne am Empfang an und nach gerade 5 Minuten im Wartezimmer war ich auch schon dran. Sehr angenehm.
Der Doc selbst entpuppte sich allerdings als weniger angenehm.
Prüfend schaute er über meine Beine. Dann prüfte er, ob meine Venen funktionierten, was einwandfrei war. Weiterhin allerdings kein Ultraschall meiner Beine, wie man es eigentlich kennt.
Er diagnostizierte mir Lipödem Stadium 1 nur in den Oberschenkeln. Von zwei anderen Ärzten habe ich nun das Stadium 2 diagnostiziert, was ich selbst auch eher bestätige, denn ich selbst fühle deutlich die Knötchen, Dellchen und verhärtete Stellen unter der Haut. Nun gut.
Ein Lymphödem habe ich gar nicht, meinte er. Da habe ich nun drei verschiedene Meinungen- Arzt Nummer 1 letztes Jahr bei Erstdiagnose diagnostizierte ein sekundäres Lymphödem Stadium 2. Ärztin 2 in Velbert, bei der ich bis heute bin, stellte ein beginnendes Lymphödem Stadium 1 fest – wenn überhaupt. Dieser hier sagte, ich habe gar keins. Ich persönlich glaube nicht an ein Stadium 2. Wenn, dann Anfangsstadium, wenn überhaupt.. denn..
Wenn ich mit dem Finger eine Delle auf mein Bein drücke, geht diese sofort wieder weg. Das Stemmersche Zeichen ist negativ, ich kann die Haut am Zeh abheben.
Ich habe keine Wassereinlagerungen, die Füße sind schlank und nicht betroffen. Nach der MLD muss ich nicht Pipi.
Nun gut.
Weiter ging es mit „Ich würde aber zunächst einmal nur die Oberschenkel absaugen. Dann gleichen wir das mit den Waden ab und schauen das Gesamtbild an.“
Aber ob ich überhaupt eine Operation möchte, danach hat er nicht gefragt – er hat meine Einwilligung quasi vorausgesetzt.
Für mich kommt eine Liposuktion aber keineswegs in Frage, da ich weitestgehend ohne Schmerzen lebe. Wozu dann unters Messer, bzw. unter den Sauger legen? Die Optik stört mich nicht, da bin ich sehr selbstbewusst. Ich bin schmerzfrei, das zählt.
Nun gut 😉
Ich persönlich fühle mich sehr unwohl bei Ärzten, die mir direkt eine OP ans Herz legen wollen – ich weiß ja nicht, wie es Euch da geht oder gehen würde, aber ich fand das nicht gut.
Ich erzählte ihm, dass ich im Februar an einem massiven Bandscheibenvorfall operiert worden war, mein Rücken meine bereits vorhandenen Kompressionstrumpfhosen nicht toleriert und ich Rückenschmerzen bekomme und bat deshalb um ein Rezept für Oberschenkelstrümpfe als Alternative. An meiner OP war er recht interessiert und fragte, wo genau der Vorfall war, warum operiert wurde… kurzum, ich erzählte ihm meine Geschichte – erneut erzählte ich sie. Dann aber sagte er, Kompression bräuchte ich eigentlich nicht und jetzt kommt ja der Sommer, da wollen viele Betroffenen das eh nicht anziehen. Aber er schreibt mir Strümpfe auf – wenn ich sie denn überhaupt an bekäme – ähhhm.. ich habe ihm eben erzählt, dass ich bereits Strumpfhosen besitze, also warum sollte ich sie nicht anbekommen 😉 Irgendwie bin ich davon ausgegangen, dass er automatisch Flachstrick verschreiben würde – auf dem Rezept stand allerdings Flachstrick nicht drauf, was bedeutet, dass er Rundstrick verschrieben hatte.
Ein Rezept für MLD erhielt ich nicht – unnötig. Ich verstehe in diesem Punkt seine Ausführungen schon. Ein Lipödem ist ein „trockenes Ödem“ wie er es nennt, keine Wassereinlagerung. Ödem bedeutet Wassereinlagerung – was beim Lipödem nicht der Fall ist, das ist eine Fettverteilungsstörung – somit ist der Begriff „Ödem“ eigentlich nicht korrekt, wenn man es genau nimmt. Die MLD ändert am Lipödem nichts, das Fett wird ja nicht weniger dadurch und „verschiebt“ sich nicht. Manuelle LYMPHdrainage ist offiziell somit nur beim Lymphödem angesagt, beim Lipödem nicht. Dazu sei gesagt, dass viele Ärzte dennoch MLD für reines Lipödem verschreiben und auf dem Rezept dann einfach „Lymphödem“ notieren, auch wenn nicht vorhanden. Es gibt aber auch Ärzte, die bei reinem Lipödem keine MLD verschreiben.
Es ist insofern schade, weil die MLD auch bei reinem Lipödem den Betroffenen guttut und Schmerzen lindern kann. Aber ich verstehe es trotzdem.
Zuletzt stellte er noch einige allgemeine Fragen nach Größe, Gewicht, Sport usw. und dann kam die Frage nach Rauchen/Alkohol. Ich verneinte beides. Das letzte Mal Alkohol hatte ich zu Silvester getrunken, somit nun seit sieben Monaten keinen Alkohol. Auch davor habe ich wenig getrunken, bei Gelegenheit/Geselligkeit mal ein Gläschen Wein vielleicht. Es schmeckt mir einfach meist nicht und ich brauche es nicht, ich sehe es als unnötige Geldausgabe. Und mache mir nichts daraus. Vor allem, weil ich bereits sehen musste in meiner Verwandtschaft, was Alkoholkonsum aus einem Menschen machen kann.
Er schaute mich ganz perplex an. „Wie, rauchen Sie gar nicht?“ – „Nö“. „Haben Sie noch nie geraucht?“ – „Nö“. Was ist nun so außergewöhnlich daran? Glaubt er, alle Lipdamen leben ungesund?
Nun ja 😉
Seltsamer Arzt auf jeden Fall. Ich mache mir nun nichts daraus, da ich ja eine gute Ärztin habe und mich schockt das nun auch nicht. Für Anfängerinnen in Sachen Lip-/Lymphödem könnten hier allerdings viel mehr Fragen auftauchen, als beantwortet werden. Ich kann den Arzt nicht empfehlen, für mich ist er nichts und ich werde erstmal dort bleiben, wo ich bin.
Positiv:
– schneller Termin
– gut erreichbare Praxis
– kurze Wartezeiten
Negativ:
– geht nicht auf den Patienten ein
– Diagnose ohne Ultraschall
– die OP ist die einzig wahre Option
– schert alle über einen Kamm: die meisten wollen keine Kompression und können diese eh nicht anziehen; Lipödemer rauchen und trinken anscheinend alle 😉
– kein Vertrauensaufbau
Sein gesamtes Auftreten sagte mir nicht zu, er wirkte „von oben herab“. Das Negative überwiegt definitiv, zumindest für mein Empfinden.
Mir persönlich ist ein ausführliches Gespräch sehr wichtig und eine genaue Untersuchung und Diagnosestellung. Weiterhin sollte man ALLE Therapiemöglichkeiten aufzählen und es bei Lip/Lymph immer zunächst konservativ probieren. Dies muss man ohnehin, will man versuchen, die Kostenübernahme der Liposuktion zu beantragen. Zudem liegt die Entscheidung darüber allein beim Patienten.
Mir ist wichtig, dass jeder Patient individuell behandelt wird, jeder Mensch ist anders.
Lipödem zeigt sich bei jeder Dame anders, jede hat anders ausgeprägte Schmerzen und Symptome und jede Betroffene kommt im Alltag anders gut/schlecht zurecht – einige benötigen mehr Hilfe, andere weniger.
Da Lipödem oftmals auch mit Adipositas, Ernährung, Lymphödemen und auch Depressionen, Essstörungen, Panikattacken einhergeht oder auch mit Wirbelsäulen,-Rücken- oder Gelenkproblemen zB. ist es wichtig, dass der Mensch ganzheitlich behandelt wird. Man kann einem Menschen nur helfen, wenn man alle Erkrankungen betrachtet und therapiert- erst dann kann es dem Menschen wirklich besser gehen.
Ein Zoomgespräch mit anderen zusammen finde ich problematisch, da viele, gerade auch Erstdiagnostizierte, unerfahrene Lipdamen, oft befangen sind und einfach nicht gerne für alle hörbar vor anderen über die Erkrankung sprechen und sich dann vielleicht nicht trauen, Fragen zu stellen, welche sie eigentlich auf dem Herzen hätten. So kann man kein Vertrauensverhältnis aufbauen.
Fazit: Für mich ist dieser Arzt leider nichts. Es handelt sich hier natürlich nur rein um meine eigene, subjektive Erfahrung. Sicher können andere dies wieder anders sehen und es ist nicht meine Absicht, jemanden von meiner Meinung überzeugen zu wollen. Jeder muss sich seine eigene Meinung bilden, seine Erfahrungen sammeln und seinen Weg gehen. Warum ich von diesem Erlebnis berichte? Weil ich denke, dass es leider keine Seltenheit ist, dass man sich von seinem Arzt missverstanden und nicht „gehört“ fühlt – vielleicht haben manche von Euch ja nach dem Lesen meiner Erfahrungen das Gefühl, sie sind nicht alleine. 🙂
Ich weiß, dass es ein brisantes Thema ist und viele Betroffene Schwierigkeiten haben, einen passenden Arzt bzw. Ärztin für sich zu finden. Oft ist es auch schwierig, während eines Termins nicht „eingeschüchtert“ zu werden – je nach Charakter des Gegenübers kann das auch mal passieren – und sich gewissermaßen angemessen durchzusetzen. Wenn man beispielsweise Fragen vorbereitet hat oder während des Termins welche auftauchen. Ärzt*innen sind vielbeschäftigt und häufig (verständlicherweise!) auch mal im Stress, da können persönliche Themen auf der Strecke bleiben.
Deshalb finde ich es wichtig, eine eigene Strategie zu haben, wie man Arzttermine handhabt. In meinem nächsten Beitrag soll es genau darum gehen – ich werde versuchen, Euch ein paar Tipps an die Hand zu geben, die Euch vielleicht beim nächsten Termin helfen können. Stay tuned 😉
Eure Sarah
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6 Responses
Wenn man schnell einen Termin bekommt, ist da meistens was faul. Denn dann möchte keiner zu diesem Arzt. Demzufolge hat er schnell Termine frei.
Meine Ärztin schreibt auch immer Lymphöden auf die Verordnung, obwohl ich nur Lipödem habe.
Ich musste gerade nach 6 Jahren Behandlung einen neuen phlebologen suchen, da mein derzeitiger Arzt aus Kapazitätsgründen nur noch Venen und Hernien behandelt. Das war ein großer Schock für mich. Ich habe nach einigen Recherchen in meine Selbsthilfegruppe eine Ärztin ausgewählt, die ausschließlich lipödem und Lymphödem behandelt und auch liposuktionen durchführt. Allerdings ist der Termin erst im März nächsten Jahres! Ich hoffe sehr, dass die guten Referenzen stimmen und ich mit ihr zufrieden bin. Aber insgesamt ist es schrecklich, mit diesem Krankheitsbild den Arzt wechseln zu müssen, alle vorherigen Diagnosen und Behandlungen erklären zu müssen, alles wieder von vorne……..😥
Ich habe zusätzlich noch Krampfadern und weil ich mir die nicht ziehen bzw veröden lassen will verweigert mir meine Ärztin quasi alles, ich bekomme kein neues Rezept für eine Kompression und schon gar nicht für MLD…. Ein Ultraschall wurde auch schon länger nicht gemacht. Ich habe mir deshalb einen Termin in einer anderen Praxis gemacht, war ein Tipp meiner Nachbarin. Du siehst solche Ärzte gibt es öfter.
Ich glaube ich weiß in welcher Praxis du warst. Der Doc war nur an Op interessiert in keiner Weise an konservativer Therapie. Mir hat er gesagt damals, wahrscheinlich Stadium 2 aber vielleicht auch nur Fett… na danke! Auch ein reines Lipödem begründet Mld, es braucht den richtigen Diagnoseschlüssel dann gibt’s auch große Rezepte auch bei Lip ohne Lymph 🙂
Bis 2025 ist Mld auch bei reinem Lipödem verodnungsfähig (Schmerzreduzierung, Anregung des Lymphflusses,auch wenn keine Einlagerung sichtbar is), wenn sie natürlich keine Erleichterung bringt,braucht man sie sich auch nicht verordnen lassen (außer man braucht den Nachweis für eine angestrebte Liposuktion), aber von vorneherein zu sagen, das bringt nichts, sagt einiges über den Arzt aus,genau wie seine Aussage zum Kompression tragen und dann die „falsche “ verordnen….da ich mich doch sehr zurückhalten,
Drück dir die Daumen, doch noch einen guten Phlebologen in der Nähe zu finden. Aber lieber länger fahren, auch wenn es nervt,als auf so einen unempathischen Arzt angewiesen zu sein.
Ich kann nachvollziehen, dass du dich bei diesem Arzt nicht wohlgefühlt hast und keine Lust auf einen weiteren Termin hast.
Ich hatte leider auch so ein Erlebnis und nicht so schnell die Möglichkeit zu wechseln. Ich hatte die Klassischen Symptome: Adipositas und eine Phase der Depression und wurde von seinen Angestellten und ihm selbst wie Abschaum behandelt.
Heute habe ich eine neue Ärztin, eine tolle Sanifee und nicht zu vergessen meine Physiotherapeutin. Diese drei Säulen helfen mir mit meiner Familie und besten Freunde den Weg mit der Erkrankung zu gehen.