Liebe Leserinnen und Leser,
in den letzten Jahren hatte ich das große Privileg, viele von Euch lieben Lipödemheldinnen kennenlernen zu dürfen. Dabei ist mir leider aufgefallen, mit wie vielen Sorgen einige von Euch in die Zukunft schauen. Wie werde ich aussehen, wenn ich älter werde? Wie ändert sich durch die Erkrankung mein äußeres Erscheinungsbild? Was macht eine Schwangerschaft mit meinem Körper? Das sind nur ein paar Fragen, die viele Lipödembetroffene begleiten. In meinem Beitrag möchte ich Euch einige Einblicke in meine Vergangenheit (40 Jahre leben mit Lipödem) geben. Indem ich meine Erfahrungen mit Euch teile, hoffe ich zeigen zu können, dass viele der Sorgen nicht zwingend zur Realität werden müssen.
Elisabeth
Botschafterin
Du kannst nicht negativ denken und Positives erwarten
Ich bin mittlerweile 58 Jahre jung und habe zwei Töchter, Marlene (35 Jahre alt) und Vanessa (28 Jahre alt). Bei meiner Konfektionsgröße war von 34 bis 46 schon alles dabei und mein Gewicht schwankt. 😉 Das Lipödem ist wahrscheinlich in der Pubertät ausgebrochen, diagnostiziert wurde es aber erst in den Wechseljahren. Ich konnte also viele Erfahrungen mit Lipödem sammeln, ohne gewusst zu haben, dass es an einer Erkrankung liegt.
Als Kind war ich extrem dünn, wenn nicht sogar untergewichtig. Ich war oft traurig, weil mich andere Kinder dafür hänselten. Deswegen begrüßte ich in der Pubertät meine an Volumen zunehmenden Oberschenkel, die mir eine weibliche Körperform gaben. Mein Oberkörper blieb dabei unverändert. Da in meiner Familie fast alle Frauen kräftigere Oberschenkel hatten, war die Genetik eine gute Erklärung dafür. Rückblickend kann man sagen, dass das Lipödem bei mir zu dieser Zeit ausgebrochen ist. Da die Erkrankung damals nicht bekannt war und ich keine starken Schmerzen hatte, legte ich auch nicht meinen Lebensfokus darauf.
Sowohl bei der ersten, als auch bei der zweiten Schwangerschaft ging der Kinderwunsch nach wenigen Versuchen in Erfüllung. Ich weiß, dass viele Frauen mit Lipödem Angst davor haben, aufgrund der Erkrankung schwieriger schwanger werden zu können. Ich berichte Euch von meiner Erfahrung, um zu zeigen, dass es vielleicht länger dauern, aber so wie bei mir, auch schneller gehen kann.
Ich habe bei beiden Schwangerschaften jeweils über 20 Kilo zugenommen. Ansonsten hatte ich die typischen Beschwerden, die während einer Schwangerschaft auftreten können. Natürlich plagten mich auch Sorgen, wie mein Körper wohl nach den Geburten aussehen würde. Da ich aber weiterhin nicht wusste, dass ich an Lipödem leide, fokussierte ich mich auf die Freuden einer werdenden Mutter. Um mein Gewicht würde ich mich danach kümmern. Da ich intuitiv immer viel Wert auf gesunde Ernährung und Bewegung legte, schaffte ich es nach beiden Geburten abzunehmen.
Nach meinem Herzinfarkt und einem Hirntumor sowie einer Schilddrüsenerkrankung erhielt ich mit Anfang fünfzig erst die Lipödem-Diagnose. Seit den beiden Schwangerschaften und den weiteren Erkrankungen nahm ich schneller an Gewicht zu und hatte immer mehr Schwierigkeiten abzunehmen. Trotzdem liegt bis heute mein Fokus auch weiterhin auf einem gesunden Lebensstil mit frischen Lebensmitteln, Bewegung und meiner Kompressionsversorgung. Das hat mir die letzten Jahre geholfen, dass Lipödem so gut es geht in Zaum zu halten und meine Lebensqualität beizubehalten.
Ich möchte mich hier nicht als disziplinierte Frau darstellen, die keine Schwierigkeiten über die Jahre hatte. Niemand ist perfekt und ich hatte viele Hürden, die ich in meinem Leben nehmen musste. Ich möchte Euch eher dazu ermutigen, das Glas halb voll zu sehen, manchmal die goldene Mitte zu wählen und nicht immer alles zu zerdenken. Vertraut Eurer Intuition. Jeder Mensch ist anders. Vergleicht Euch deshalb nicht miteinander. Eure Sorgen werden vielleicht nie eintreten und wenn doch, habt Ihr dann genug Zeit, Euch damit zu beschäftigen.
Eure Elisabeth
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