Meine erste Kompression – eine Rundstrickstrumpfhose – habe ich kurz nach Erhalt der Diagnose im November 2016 bekommen. Es war kalt, eine zusätzliche Lage Stoff kam mir also gerade recht. Die ersten Informationen, die ich beim Suchen im Netz gefunden habe, passten jedoch so gar nicht zu meiner Situation. Das konnte nicht die Erkrankung sein, die ich haben soll. Da die Strumpfhose niemand sah dachte ich mir, warum also das Lipödem thematisieren? Zwar habe ich direkt gespürt, wie viel besser es meinen Beinen ging, näher mit der Diagnose beschäftigen, wollte ich mich dennoch nicht. Also habe ich das erste halbe Jahr nach der Diagnose mit Ignorieren verbracht.
Ich bekam meine erste Flachstrickversorgung. Doch nicht nur für meine Beine, sondern auch gleich für meine Arme und Hände. Die sieht man sofort! Also war für mich klar, dass ich mich nun über das Lipödem informieren muss. Schließlich möchte ich auf Fragen vernünftig antworten können. Es folgten etwa drei Jahre, in denen es kaum ein anderes Thema gab. Ernährung, Sport, Mindset, was geht noch mit Lipödem und was alles nicht. Im Internet gab es immer mehr Informationen, welche ich aufsaugte wie ein Schwamm. Dabei war ich im ständigen Wechselbad der Gefühle. Las ich in dem einen Artikel, dass es normal sei, wenn einem das Joggen in der Kompression schwer falle, sah ich im nächsten Beitrag wie jemand wie ganz selbstverständlich einen Triathlon meisterte. Ich habe im Sport zwar alles geschafft, was ich mir bis dahin vorgenommen hatte. Jedoch wurde ich mit zunehmendem Training nicht etwa besser und schneller. Ganz im Gegenteil. Nach und nach fiel mir alles schwerer. Je mehr ich trainierte, desto unfitter fühlte ich mich, desto unzufriedener wurde ich.
Nachdem ich beim Laufen messbar immer langsamer wurde, legte ich eine Pause ein. Vom Laufen, vom Sport, vom Lipödem. Da kam die coronabedingte Zwangspause an Veranstaltungen gerade recht. Natürlich konnte ich das Lipödem nicht komplett aus meinem Alltag streichen. Doch habe ich beim morgendlichen Anziehen der Kompression meine Beine nicht nach neuen blauen Flecken abgesucht. Beim Essen nicht ständig darüber nachgedacht, ob es mir nun schadet oder nicht. Doch wirklich besser ging es mir dadurch noch nicht.
Mir war plötzlich klar, dass ich mir bewusst Zeit für meine Erkrankung nehmen möchte. Sie gehört zu mir und nur wenn ich mich mit ihr beschäftige, kann ich sie auch mal vergessen. So wie man Kindern eine Medienzeit gibt, gebe ich mir selbst nun eine Lipödemzeit. Im Vorfeld festgelegte Stunden in denen ich Literatur dazu lese, in Podcasts reinhöre, Profile bei Instagram und co. ansehe. Außerhalb dieser Zeit ist das Lipödem natürlich nicht weg. Die Schmerzen lassen sich nicht zeitlich eingrenzen. Doch ich nehme sie dann einfach nicht mehr ganz so wichtig. Ich esse bewusst – auch bewusst mal etwas ungesundes, trinke Sekt oder Wein. Ich bewege mich bewusst – manchmal auch ganz bewusst nur vom Bett auf die Couch. Seit dem ich das so handhabe geht es mir auf jeden Fall viel besser!
Wie war Dein Weg bisher?
Deine Kathi
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Eine Antwort
Danke für deine Gedanken, diese Phasen kenne ich auch von mir und doch muss ich gerade eingestehen, dass es in der Akzeptanz auch immer wieder „auf und abs“ gibt und diese Erkrankung für mich eine Herausforderung bleibt!