Sandra
Bloggerin
Ich wurde dieses Jahr 40 und seit gefühlt 20 Jahren hatte ich keinen Rock mehr an – bis letztes Jahr. Seitdem hat sich einiges in meinem Kleiderschrank geändert, aber auch bei mir selbst – wie kam es dazu? Das möchte ich gerne mit Euch teilen:
Ich bin Sandra, Mutter von zwei Teenie-Jungs, glücklich verheiratet, berufstätig, und ich habe – wie die meisten von Euch – ein Lipödem. Ich wusste immer, dass etwas nicht stimmte, aber letztendlich konnte mir kein Arzt wirklich helfen. Meine ganze Jugend über war ich schlank. Dann kam die Pubertät. Mit 14 Jahren bereits bekam ich die Pille verordnet, wegen starker Menstruationsbeschwerden. Vielleicht war diese der Auslöser für mein Lipödem?
Meine Beine wurden immer dicker. Oben rum blieb ich schlank. Lange Zeit trug ich sogar noch eine 34 in Oberteilen. (Ok, das ist jetzt auch vorbei) Ich hatte insbesondere in den Waden oft starke Schmerzen, die ich nicht zuordnen konnte. Langes Radfahren, lange Strecken gehen, Einkauftrips – all das fühlte sich am Abend schrecklich an.
Mein damaliger Hausarzt reagiert mit den Worten: „Das sieht ja eklig aus! Das Gewebe ist ja richtig schwammig! Lass mal deine Venen checken!“
Ich war geschockt und ging zum Phlebologen. Der checkte die Venen, alles war ok. Wieder zurück beim Hausarzt bekam ich trotzdem Rundstrick-Oberschenkelstrümpfe und Lymphdrainage verordnet. Ich trug diese Strümpfe auch eine Weile, bekam aber immer Bauchschmerzen davon. Während meines Studiums zog ich weg, und hörte auch mit der Lymphdrainage wieder auf. Ich wusste ja nicht einmal wie die Diagnose lautete, einen Arztbericht hatte ich nie gesehen.
Die Schmerzen blieben. Dann, viele Jahre später, kamen die Berichte im Fernsehen – unter anderem bei Stern TV – über Frauen mit Lipödem. Da war sofort klar, das ist es! Aber ich wehrte mich innerlich so sehr gegen diese Kompressionsstrümpfe, so dass ich trotzdem noch lange nicht zu einem Spezialisten ging.
Als meine Schwester schwanger wurde, brach auch bei ihr ein richtig heftiges Lipödem aus. Sie hat nicht so lange überlegt, und hat sich direkt eine Ärztin gesucht, die ihr das Lipödem bestätigte. Sie bekam Flachstrick-Strumpfhosen und Lymphdrainage verordnet und berichtete mir, wie gut ihr das tat.
Sie überzeugte mich, auch endlich zum Arzt zu gehen. Nach einem weiteren ärztlichen Fehlgriff („Da hilft nur eine OP alles andere bringt gar nix“), suchte ich auch die Ärztin meiner Schwester auf. Eine Ärztin, wie man es sich wünscht: verständnisvoll, nett, ehrlich! Und ich erhielt auch meine ersten Rezepte für Flachstrick-Kompression und Lymphdrainagen.
Das erste Mal in den Strümpfen war furchtbar – wie in einen Taucheranzug gepresst. Aber ich gewöhnte mich daran und merkte wie gut es mir tat! Ich konnte mich aber nie an die Strümpfe unter Hosen und Jeans gewöhnen, also veränderte ich mich und auch meinen Stil: Nach 20 Jahren in Hosen begann ich Röcke und Kleider zu kaufen und zu tragen! Mit Spaß! Das erste Mal im Rock bei der Arbeit war zwar eine Überwindung aber heute kennt man mich fast nur noch so. Mittlerweile nähe ich mir manche Sachen sogar selbst.
Ich verstecke meine Beine (und die Strümpfe) nicht mehr! Und ein Tag in Kompressionsstrümpfen bedeutet für mich (meist) ein Abend ohne Schmerzen. Ich habe mich voll und ganz auf die Strümpfe und „meine neue Mode“ eingelassen und ich liebe es. Blöde Reaktionen kamen eigentlich keine. Eine Kollegin fragte nur einmal ob ich mich neu eingekleidet hätte, was ich selbstbewusst bejahte.
Mädels, traut Euch! Zeigt Euch, zeigt Eure Kompressionsstrümpfe, tragt sie mit Mut und Freude – denn jede von uns ist schön! Und Mode mit passender Kompression macht richtig Spaß!!!
Eure Sandra
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5 Responses
Vielen Dank für den tollen und mutmachenden Blogartikel, liebe Sandra!
Ich trage meine Kompression auch mit Stolz… sie ist so selbstverständlich wie Unterwäsche!
Bisher hab ich auch fast nur gute Erfahrungen im offenen Umgang mit der Kompression und der Krankheit…ich trage auch oft Röcke und Kleider!
Lg Nelly
Ich kenne das nur zu gut, seit dem ich meine Kompression trage, hat sich mein Kleidungsstil sehr verändert. Ich trage fast ausschließlich nur noch Kleider und Röcke. Fühle mich darin aber viel wohler wie in Jeans.
Es ist sehr aufbauen das es nicht nur mir so geht.
Vielen Dank für diesen Beitrag.
Auch mir geht es ganz ähnlich.
Seit der Diagnose vor zwei Jahren trage ich fast nur noch Röcke, da ich es nicht mag, über der Kompression noch Hosen zu tragen. Und ich fühle mich wohl dabei.
Überhaupt ist meine Geschichte ganz ähnlich.
Ein Beitrag der Mut macht.
Letztens hatte ich meine grünen Strümpfe zu einem schwarzen Kleid mit einem grünen Halstuch und schwarzen Sandalen an.
Nägel natürlich auch im passenden Farbton 😉.
Meine Kollegin fragte gleich, ob ich eine weibliche Version von „Shrek“ darstellen möchte und ein Kollege sagte zum Abschied “ schönen Feierabend,Peter Pan“…..das macht irgendwie fertig 😔