Liebe Leserinnen und Leser,
für viele Lipödem betroffene Frauen, besonders die, die mit Übergewicht zu kämpfen haben, ist ein Arztbesuch eine große Herausforderung. Grund dafür können böse Blicke, beschämende Kommentare, aber auch die Ignoranz ernsthafter Symptome sein, da meist das Übergewicht für alles die Schuld trägt.
Elisabeth
Botschafterin
Du kannst nicht negativ denken und Positives erwarten
„Nehmen Sie ab, dann wird es Ihnen besser gehen.“ – Worte, die sicherlich schon einige gehört haben. Auch ich habe diesen Rat einst von meinem ehemaligen Hausarzt bekommen. Über die fatalen Folgen dieser Einschätzung möchte ich in meinem Beitrag berichten. Ich hoffe, dass es mir dadurch gelingt zu zeigen, wie wichtig es ist, für sich selbst einzustehen. Dabei geht es nicht darum, Ärztinnen und Ärzte grundsätzlich zu kritisieren. Die letzten Jahre habe ich eine tolle medizinische Unterstützung erhalten. Es geht darum, den Menschen ganzheitlich zu betrachten und als Patient für sich zu kämpfen.
Wer an Lipödem leidet, weiß wie schwer es ist, trotz Sport und gesunder Ernährung das Gewicht in Zaun zu halten. Dieser Zustand wird bei mir durch weitere Erkrankungen, wie eine Schilddrüsenunterfunktion (Hashimoto), Tumor in der Hirnanhangdrüse und Depression (medikamentös behandelt) verstärkt. Jedes Mal, wenn ich über die Jahre zugenommen habe, wurde ich sofort zur Diät aufgefordert, egal mit welchen Symptomen ich meinen Hausarzt besuchte. So vergingen Jahre und das Gewicht stand bei den meisten Beschwerden immer im Vordergrund, während es mir immer schlechter ging. Ich bekam schlecht Luft, schwitzte übermäßig und spürte ständig das Gefühl von Enge in der Brust.
Als ich erneut meinem Hausarzt schon fast panisch die Symptome schilderte, sah er nach einem unauffälligen EKG keinen Anlass der Sache weiter auf den Grund zu gehen. Und dann folgte wieder der berühmte Satz: „Sie haben in letzter Zeit zugenommen, nehmen Sie wieder ab und alles wird gut.“ Fassungslos, beschämt und verzweifelt verließ ich die Praxis und tat das, was der Doktor mir empfohlen hatte.
An einem Morgen kurze Zeit danach erlitt ich einen sehr schweren Herzinfarkt. Nur dank meines eigenen medizinischen Wissens aufgrund meines Berufs als Krankenschwester, erkannte ich die Situation und alarmierte den Notdienst. Das hat mir das Leben gerettet.
Hätte der Herzinfarkt verhindert werden können, wenn meine Symptome ernstgenommen worden wären? Vermutlich ja. Mein Mann, der ähnliche Beschwerden hatte, ließ sich nicht mit einem EKG vertrösten und verlangte eine Herzkatheter-Untersuchung, was ihm auch gewährleistet wurde. So konnte eine starke Verengung festgestellt und ein sich aufbauender Herzinfarkt mithilfe eines Stents abgewendet werden.
Hätte ich im Ernstfall meine Symptome nicht richtig gedeutet, hätte ich vielleicht nicht überlebt. Ich hatte das große Glück, eine zweite Lebenschance zu bekommen. Es ist allerdings traurig zu wissen, dass viele Menschen diese Chance nicht bekommen. Deswegen ist es mir so wichtig, darüber zu schreiben. Es geht mir nicht darum, Ärztinnen und Ärzte schlecht zu reden. Sie leisten eine schwere Arbeit. Mit dem Beitrag möchte ich vor allem Euch Mut zusprechen für Euch selbst einzustehen und für Euch zu kämpfen, wenn es nötig ist. Wir haben alle nur ein Leben und es ist unser gutes Recht, es zu behüten. Nachdem ich meine Lektion gelernt habe, habe ich verstanden, dass das erste, was ich machen muss, ist mich selbst zu respektieren. Nur dann bekomme ich auch Respekt von anderen. Das ist ein guter Anfang.
Ich wünsche Euch viel Gesundheit.
Eure Elisabeth
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6 Responses
Liebe Elisabeth,
Danke dir für diesen sehr intimen Einblick. Leider muss ich dir recht geben, dass aichvichcals Frau mit Übergewicht oft mit meinen Symptomen nicht ernst genommen werde. Auch ich gave zum Lipolymphödem noch einige andere Probleme, aber meist werden Frauen nicht so ernst genommen sondern eher als weinerlich dargestellt. Wir müssen standhaft bleiben und für uns kämpfen. Auch wenn es gerade bei fehlender Gesundheit doppelt schwer ist.
Liebe Grüße, Rita
Liebe Rita,
vielen Dank für deinen Kommentar. Wir sind nicht alleine und unterstützen uns hier gegenseitig. Deswegen ist es wichtig, diese Themen auch anzusprechen.
Liebe Grüße
Elisabeth
Liebe Elisabeth,
ich verfolge regelmäßig deinen Blog und möchte dir einfach meinen Respekt für deine trotz allem positive Haltung aussprechen. Ich finde es bemerkenswert, wie wertschätzend du dennoch dir selbst und deinem Auftreten gegenüber bleibst, immer sehr gepflegt und chic, das finde ich toll und gerade für uns Lipödem-Frauen wichtig.
Wenn ich es richtig sehe, wirst du ja nun auch bald Großmutter, wie schön für euer Enkelkind, eine trotz allem starke Großmutter zu haben. Meine Tochter hatte leider mehrere Fehlgeburten, aber auch das ist kein Grund aufzugeben, nicht?
Ich wünsche dir alles Gute und die Kraft, weiterhin immer wieder aufzustehen.
Herzliche Grüße von der Nordsee, Stefanie
Liebe Stefanie,
vielen Dank für Deine lieben Worte und Komplimente. Ich versuche trotz auch vorkommender schlechter Tage, das Glas halb voll zu sehen. Es ist wichtig, dass wir lernen uns selbst zu lieben und zu akzeptieren. Auch ich arbeite da konstant an mir selbst, was nicht immer leicht ist.
Ich schaue positiv in die Zukunft und wünsche Dir das auch. Alles Gute für Dich und Deine Tochter.
Liebe Grüße
Elisabeth
Liebe Elisabeth,
als übergewichtige Liplady mit Lipödem In Beinen und Armen kenn ich die Blicke und Sprüche!
Aber ich war doch entsetzt, als ich vor über 1 Jahr in der Reha vom leitenden Arzt zu hören bekam „nehmen Sie ab und machen Sie Sport, dann wird das schon“. Dabei hab ich nur nach einer Versorgung meiner Arme gefragt!
Lymphdrainage der Beine gab es nur 1 Woche, danach nur gewickelt bis zu den Knien mit einer Leih- Kompressionshose bis übers Knie, die nur schlecht passte. Selbiger Arzt wollte bei der letzten Visite mir auch nicht glauben, dass ich nicht schmerzfrei bin!
Laut Klinik bringe eine Versorgung der Arme nichts. Seit September 2023 habe ich auch Armstrümpfe und die helfen mir.
Mein Fazit:
1. nie wieder Földiklinik als Lipödem-Patientin!
Und das wichtigste: wenn man was braucht lohnt sich der Kampf!
Ich finde es bewundernswert, wie du und auch die anderen hier kämpfen und sich nicht unterkriegen lassen!
Eure Artikel machen uns anderen Mut – vielen Dank dafür!!!
Liebe Grüße Marion
PS: Meine Beindiagnose war Nov. 2022, die der Arme April 2023 und das mit 57 Jahren.
Liebe Marion, danke dass Du Deine Geschichte mit uns teilst. Ich habe auch die Erfahrung gemacht, dass man am Ball bleiben und für sich einstehen muss. Freut mich, wenn Dir die Armkompression hilft.
Es ist schön zu hören, wenn unsere Artikel auf Frauensache hilfreich sind. Das ist unser Ziel. Vielen lieben Dank.
Liebe Grüße
Elisabeth