
Liebe Leserin, lieber Leser,
jahrelang wusste ich nicht, weshalb mir meine Beine und speziell die Oberschenkel wehtaten und warum kein Arzt mir sagen konnte, was denn damit nicht stimmte. Seit mich eine Kundin meiner Schneiderei darauf aufmerksam machte, dass es vielleicht Lipödem sein könnte, habe ich endlich eine Ursache für die merkwürdigen Schmerzen gefunden.
In meinem ersten Blogbeitrag gebe ich euch einen kleinen Einblick über meinen Weg zur Diagnose und meinen Alltag.
Was kann das nur sein? Meine Oberschenkel schmerzen immer mehr, als ob ich jeden Tag starken Muskelkater hätte und das nun schon seit sechs Jahren.
Ich gehe mit unserem Dackel Hubert Gassi und komme keinen Berg mehr hoch, geschweige denn die Treppe am Schluss! Ich bin fix und fertig und nachdem es immer schlimmer wird, beschließe ich nun doch mal zum Arzt zu gehen. Es folgen 1,5 Jahre Odyssee von einem Arzt zum anderen. Nichts wird gefunden, was mich auf der einen Seite freute, aber auf der anderen Seite hatte ich auch keine Lösung oder Ursache für meine Schmerzen. Ich nehme auch plötzlich an Gewicht zu. Dafür gibt es aber eine einfache Erklärung laut meiner Frauenärztin: Klar doch, ist normal in den Wechseljahren (ich bin 52 Jahre alt).
Mein (falsches) Fazit inzwischen: akzeptiere deinen Körper und deine Schmerzen, denn es gibt keinen Ausweg. Aber wie weitermachen, wie soll ich die nächsten Jahrzehnte bewältigen, wenn mir alles wehtut?
Ich bin ausgebildete Konfektionsschneiderin und seit drei Jahren selbständig. Hauptsächlich stelle ich Kleider, Oberteile und Röcke in kleinen Kollektionen oder als Einzelstücke her.
Eines Tages kam eine sehr nette Kundin zu mir und erzählte von ihrem Lipödem. Ich hörte ihr gespannt zu und machte mir so meine Gedanken, denn alles wovon sie sprach kam mir sehr bekannt vor. Sollte ich etwa auch das Lipödem haben? Aber kein einziger Arzt hatte mich bislang darauf angesprochen.
Als meine Kundin erneut wiederkam, fragte ich sie freiheraus, ob ich vielleicht auch betroffen sein könnte. Ihre Antwort: „Natürlich hast du das Lipödem, vermutlich Stufe II!“ Da war ich mehr als geplättet und erschüttert. Sie redete aber gut gelaunt und munter weiter, gab mir Tipps zu welcher Ärztin und zu welchem Sanitätshaus ich gehen sollte, welche Ernährungsumstellung auf mich zukommen würde, et cetera, et cetera… das ganze Programm eben. Zufällig hatte eine Physiotherapeutin mich in der gleichen Woche darauf aufmerksam gemacht, dass ich vielleicht das Lipödem haben könnte.
Zugegeben, für mich brach schon eine Welt zusammen. Natürlich schaute ich bei Dr. Internet nach, was das alles bedeutete: Jeden Tag Kompressionstrümpfe tragen, Diät halten, auf meine geliebte Pasta und mein selbstgebackenes Brot verzichten. Und mein geliebtes Glas Wein am Abend, auch das würde wegfallen! Es half jedoch alles nichts, die Schmerzen wurden unerträglich und ich bin somit einen Schritt nach dem anderen angegangen. Im August 2024 bin ich schließlich zur empfohlenen Ärztin gegangen und sie diagnostizierte tatsächlich Lipödem Stufe II. Sie empfahl mir eine Ernährungsberaterin, die selber das Lipödem hat, die ich ebenfalls aufsuchte. Außerdem kam ich zu einem frisch ausgebildeten Physiotherapeuten mit dem Spezialgebiet Lipödem (das war aber ein Zufall). Ich merkte ziemlich schnell, dass die Therapien anschlugen, ich endlich etwas abnahm und die Schmerzen weniger wurden. Ach ja,… dann kam die gefürchtete Strumpfhose!!! Was soll ich sagen, ich trage sie nahezu jeden Tag. Nie hätte ich gedacht, dass sie mir so gut tut! Ich bin so gut wie schmerzfrei und meine Beine sind so schlank wie noch nie. Überhaupt bekomme ich eine ganz andere Ausstrahlung, nicht zuletzt durch sie. Immer wieder ernte ich Komplimente. Ich mutiere zurück zur Powerfrau! Was haben mich diese Schmerzen Kraft und Energie gekostet – in welchem Ausmaß wurde und wird mir erst jetzt so richtig bewusst.
Mein Befürchtung modische Abstriche zu machen, blieben Gott sei Dank unbegründet. Häufig ist passende Mode schwer zu finden und eine große Herausforderung, insbesondere für Lipödem-Betroffene. Die Größen passen nicht zusammen, und viele Stoffe sind ungeeignet. Dann kommt man niedergeschmettert aus der viel zu kleinen Umkleidekabine heraus und fühlt sich nur noch schlecht, nur weil man nicht der Norm entspricht.
Da ich im Rückblick sagen kann, dass ich das Lipödem seit der Pubertät habe, schneiderte ich immer intuitiv lipödemtaugliche Mode. Es macht mir unglaublich Freude zu experimentieren, sowohl neue Schnitte und Modelle auszuprobieren und außerdem zu schauen, welche Stoffe sich mit der Kompri gut vertragen.
Ich freue mich immer sehr, wenn meine Kundinnen mein Lädchen wie Königinnen verlassen. Wenn ihr möchtet, dürft ihr mich gerne dort besuchen, oder mich auch gerne kontaktieren – schaut einfach mal auf meiner Website vorbei.
Wir sind tolle Frauen und das sollten wir zeigen! Nicht der Körper gestaltet die Kleidung, sondern die Kleidung den Körper. Denken wir an eine große weiße Leinwand. Sie möchte gestaltet werden und hat Platz für viele Stilrichtungen, Farben und Formen. Nutzen wir unseren Körper, um aus der Masse herauszustechen (wir fallen sowieso auf). Andere bewundern uns dafür, weil wir nicht 0815 sind – und das ist gut so!
In diesem Sinne: Ich wünsche euch allen einen wundervollen, modischen Tag und alles Liebe!
Eure Manuela
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