Das letzte Mal saß ich mit 14 Jahren auf einem Fahrrad. Damals bin ich schon nur selten mit dem Rad gefahren. Mit 29 packte mich der Ehrgeiz – eigentlich war es mein Freund der mich packte – und ich kaufte mir ein Fahrrad. Von wegen „Radfahren verlernt man nicht“…
Nach anfänglichen Schwierigkeiten á la „über den Lenker hinweg absteigen“ sowie „nicht gegen den Wind ankommen“ bin ich inzwischen richtig gerne mit dem Rad unterwegs. Inzwischen sogar mit dem Rennrad und im Verein. Mit eben diesem ging es vor Kurzem auf zu meiner ersten RTF.
„RTF“ ist die Abkürzung für „Radtourenfahrt“, früher auch „Radtouristikfahrt“ genannt. Dabei handelt es sich um eine durch einen Sportverein organisierte Fahrt mit dem Rad. Strecken werden beschildert, Kontroll- sowie Verpflegungsstellen eingerichtet. Teilnehmen kann jeder der ein Fahrrad und einen Helm hat. Somit auch ich.
Als erste RTF habe ich die Canyon GranFondo, mit Start und Ziel in Koblenz, gewählt. Zusammen mit meinem Freund und weiteren Vereinsmitgliedern ging es Sonntagsmorgens los. Zwar war ich kein kompletter Rennrad-Neuling, doch auch das Fahren in der Gruppe soll gelernt sein.
Im Windschatten zu fahren spart viel Kraft, fordert jedoch Vertrauen zum Vordermann sowie ausreichende Weitsicht um im Fall der Fälle schnell reagieren zu können. Handzeichen zum Anzeigen von Hindernissen, dem Ankündigen eines Stopps sowie zum Freigeben eines Überholvorgangs sind so eindeutig, dass sie auch ohne Erklärung sofort verstanden werden können.
Da ich leider noch immer etwas unsicher werde, wenn ein Auto hinter mir auftaucht, haben die Herren des Vereins Acht gegeben, dass ich nie das Schlusslicht bilde. Auch natürlich, damit sie mir nicht versehentlich davon fahren.
Denn eine weitere Herausforderung in einer Gruppe zu fahren besteht darin, sein eigenes Tempo zu finden und doch beieinander zu bleiben. Auf der Geraden ging dies erstaunlich gut. Dank Windschatten konnte ich recht mühelos eine Zeit lang die 27 km/h fahren. Während das für mich schnell war, empfanden andere in der Gruppe dies sicherlich als „nette Spazierfahrt“.
Im Berg, egal ob rauf oder runter, galt jeweils „jeder fährt für sich“. Bei der Auffahrt kostet es sehr viel Energie auch nur einen km/h schneller zu fahren. Besonders langsam zu fahren, um beispielsweise seinem Mitfahrer nicht davonzufahren, ist dabei mindestens genauso anstrengend.
Bergab spielen nicht nur Kraft und Ausdauer eine Rolle, sondern auch das eigene Gewicht. Je schwerer man ist, desto schneller kann man werden. Da nehme ich die langsame Geschwindigkeit doch gerne als Kompliment auf!
Einfach rollen lassen ist jedoch auch nicht immer möglich. Besonders bei Kurven sollte man vorsichtig sein und ausreichend bremsen. Hier galt für mich lieber aufs Gefühl zu hören und langsamer zu fahren, als übermütig zu werden und im schlimmsten Fall vom Rad zu fliegen.
Am Ende der Fahrt hatten wir gute 70 km hinter uns gebracht. Neben einer Menge Spaß, netten Gesprächen und kleinen Leckereien an den Verpflegungsstellen hatte ich nun das Bewusstsein, dass auch die dünnen Reifchen des Rennrades richtig viel aushalten und mir nichts passiert, solange ich nur Ruhe bewahre.
Das Lipödem spielt beim Radfahren keine Rolle für mich. Ob ich dadurch mehr Schmerzen habe als Frauen ohne Lipödem, kann ich nicht beurteilen. Bei mehr als 50 km bzw. mit den entsprechenden Höhenmetern ist es sicher oft mehr Muskelkater als Lipschmerz.
Die Kompression trage ich je nach Tagesform. An manchen Tagen empfinde ich die Bewegungseinschränkung beim Fahren als störender als die Schmerzen am Abend. Daher denke ich, dass das jede für sich entscheiden sollte. Wobei unbestritten ist, dass es für die Gesundheit besser ist, die Kompression zu tragen.
Ist euer Interesse für den Radsport geweckt? Über den Breitensportkalender könnt ihr euch über organisierte sowie permanente Touren informieren. Oder sucht ihr noch nach der „richtigen“ Sportart für euch? Dann schaut gerne mal bei uns Lipödemkämpferinnen vorbei!
Eure Kathi
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Eine Antwort
Hallo ihr Lieben; Toller Blog, sehr ermutigend, gerne mehr davon und weiter so. Weiterhin Euch Allen viel Kraft Ausdauer und Kreativität. Alles Liebe und bleibt gesund. Gerade in diesen "schrägen" Zeiten; Wilma.