Ich bin Sarah, 32, und habe Lipödem.
Letztes Jahr zeigte mir meine Waage noch ein Gewicht von 87 kg an – mein Höchstgewicht, was ich bisher erreicht habe.
Bei einer Größe von 165 cm sagte mir der BMI-Rechner knallhart „Du hast Adipositas!“ – Hier erzähle ich euch, was sich seitdem getan und wie sich mein Leben seither verändert hat.
In meiner Jugend früher, bis ich so ca. 18 – 20 Jahre alt war, war ich schlank.
Früher konnte ich essen, was ich wollte, ich nahm nicht zu.. bis ich meine erste Ausbildung in der Krankenpflege startete. Ich schob es damals noch auf Stress und unregelmäßiges und spätes Essen im Nachtdienst oder nach dem Spätdienst. Eine Cola zum Frühstück? Kein Problem! Lecker! (Könnte ich auch heute noch ab und zu machen, rein vom Gefühl/Appetit her ;-))
Ein paar gebratene Nudeln oder eine fette Pizza nachts um zwei Uhr in der Nachtdienstpause? Her damit!
Ein paar dick belegte Butterbrote zum Abendessen? Na, logo! Hunger hatte ich irgendwie immer. Heute ist mir klar, dass es das nicht war – zumindest nicht allein. Mit 18 Jahren fing ich auch an, die Pille zu nehmen, als ich meinen ersten festen Freund hatte. Es kann sein, dass die Einnahme der Pille das Lipödem ausgelöst hat, welches, da bin ich mir recht sicher, von meiner Mutter vererbt wurde.
Zudem bin ich eine emotionale Esserin, die Depressionen, unter welchen ich leide, und Frust mit Essen kompensiert. Auch eine Art der Essstörung. Damit ist es raus, ja, ich habe Depressionen. Ja, ich war schonmal in Therapie und bin derzeit erneut auf der Suche nach einem Therapieplatz. Ja, mich kicken die Depressionen an manchen Tagen so stark, dass ich kaum aus dem Bett komme und im Essen einen Trost sehe. Trotzdem bin ich auch ein fröhlicher Mensch und stolz auf mich. Das eine schließt das andere nicht aus.
Jedenfalls begann plötzlich die Gewichtszunahme, von Größe 36 auf 40 auf 42/44. Laut meiner Mutter wurde ich eben „jetzt richtig zur Frau“ und „in unserer Familie sind alle Frauen etwas molliger“. Lange kam ich damit nicht klar, bis ich das Modeln und Fotoshootings als Hobby für mich entdeckte. Es zeigte mir Seiten von mir, die ich so bisher noch nicht kannte, meine Weiblichkeit. Ich fühlte mich schön, sexy und aufregend – auch mit Lipödem. „Meine“ Art Essstörung begleitete mich weiterhin.
Meine Phlebologin legte mir eine Gewichtsabnahme nahe, nachdem ich bei meiner letzten Messung dort mein damaliges Höchstgewicht von 87 kg erreicht hatte und größtenteils Klamotten in Gr. 44 in meinem Schrank hingen.
Ich fühlte mich trotzdem nicht unwohl in meiner Haut, versteht das nicht falsch 😉 Ich liebte meine Kurven und fand mich selbst sehr attraktiv. Irgendwann war ich aber an einem Punkt, an dem ich für mich selbst eine Grenze ziehen musste. Ich wollte nicht noch weiter zunehmen. Meiner Meinung nach ist es, je mehr man wiegt, immer schwerer, davon runterzukommen und gesundheitliche Probleme, welche aus Übergewicht resultieren, sind ja nicht von der Hand zu weisen; zumal ja bereits Rückenprobleme durch mein Hohlkreuz und die geschädigten Bandscheiben (wahrscheinlich durch das Lipödem und mangelnde Bewegung) vorlagen. Zudem ärgerte es mich, dass ich (meiner Meinung nach) einfach maßlos aß und einfach immer essen konnte und zur Kompensation eines schlechten Tages ebenfalls aß.
Also begann ich, nachzudenken. Und einen Entschluss zu fassen: Das Gewicht musste runter.
Ihr wisst sicher alle, wie das so ist mit dem Abnehmen: Nicht leicht 😉 Bei mir liegt es auch mit daran, dass ich super gern lecker esse. Gern mal fettig, gern mal süß. Von vielen Lipödem-Betroffenen hört man, dass diese auf ketogene Ernährung schwören, was mir aber zu radikal war. Ebenso ist Vegan nichts für mich. Einen Kompromiss fand ich aber letzten Endes: Low Carb.
Irgendwie legte sich ein Schalter in meinem Kopf um, es klickte. Nahezu radikal verbannte ich Nudeln, Reis und Kartoffeln für eine lange Zeit von meinem Speiseplan. Als Ersatz dafür kaufte ich Konjak-Nudeln oder -Reis. Zum Frühstück gab es zumindest alle 2-3 Tage Keto Müsli, welches ich auf einer Low Carb/Keto Website kaufte, mit Joghurt und Obst. Ganz auf mein geliebtes Brot und Brötchen mochte ich nicht verzichten, aß dann aber viel Vollkorn,- Dinkel,- und Körnerprodukte. Weißbrot und helle Brötchen gab es zuerst gar nicht mehr, später nur noch sehr wenig. Trinken? Konsequent nur Wasser. Ja und natürlich Kaffee mit Milch, ohne Zucker.
Tee gibt es auch nur ohne Zucker.
Es gab sehr viel Gemüse, mageres Fleisch wie Hähnchen, Pute oder auch mal Rind. Schweinefleisch esse ich generell fast gar nicht, da gibt es für mich einfach besseres Fleisch.
Tatsächlich und für mich unglaublicherweise, fiel es mir nicht schwer, meine Ernährung umzustellen. Neue Rezepte auszuprobieren machte mir riesigen Spaß und es schmeckte gut und fühlte sich einfach so gut an.. ich hatte kaum mehr Lip-Schmerzen und ich fühlte mich einfach generell besser, fitter und weniger müde tagsüber. Was Kohlenhydrate mit einem machen können, merkt man erst, wenn man wirklich mal bewusst verzichtet – mein Heißhunger auf Süßes war einfach komplett weg.
Ich startete im Dezember 2021. Ende Januar 2022 war ich wieder bei meiner Phlebologin und war immerhin auf knapp 82 kg runter.
Nun ging es ja mit dem Krankenhausaufenthalt wegen meines Bandscheibenvorfalles weiter und mit meiner Operation. Im Krankenhaus konnte ich natürlich nicht großartig wählen, was das Essen betraf. Immerhin hatte ich „Vollkost“ und konnte alles essen, was ich wollte. Das Essen war aber auch einfach schlecht. Innerhalb von meinen sechs Tagen Aufenthalt verlor ich ganze 3 Kilo, was für eine Woche schon viel ist.
Während meiner Krankenzeit daheim nahm ich nicht allzu sehr Rücksicht auf Low Carb. Ich wollte wieder gesund werden und dafür meinem Körper alles an Nährstoffen geben und wenn man schon krank ist, muss man nicht auch noch diäten 😉 Dennoch hatte ich mich mittlerweile daran gewöhnt, weniger zu essen. Physiotherapie hatte ich unmittelbar nach meiner Heimkehr und Sport startete ich ab Mai wieder. Beim nächsten Phlebologen-Termin, bei dem ich auch ein Rezept für OS-Strümpfe erhielt, war ich auf 73 kg runter und hatte 6 cm Umfang jeweils an beiden Oberschenkeln verloren.
Meine Phlebologin freute sich und auch ich war sehr glücklich mit diesem Ergebnis, welches ich trotz der widrigen Umstände erreicht hatte.
Mein Tag sieht oft so aus:
Frühstück (07:30 – 07:40 Uhr ca.)
1 Tasse Kaffee mit Milch, am WE, wenn ich mehr Zeit hab, gern mal gemütlich 2 Tassen
1 bis max. 2 Scheiben Vollkornbrot mit Belag nach Wahl
1 Protein-Shake (Muskelaufbau)
Mittag (13:00)
1 warme Mahlzeit, meist Gemüse mit leichtem Fleisch wie Hähnchen, Pute oder auch mal Fisch
selten, aber ab und an können es mal Nudeln sein 🙂
Dazu Wasser trinken
Abend (Uhrzeit je nachdem, ob ich Sport mache oder noch einen Termin habe)
Jaa.. ich esse nach 18 Uhr.. das tötet nicht und ist, entgegen des hartnäckigen Mythos, nicht schlimm:
gemischter Salat oder manchmal 1 Scheibe Brot oder etwas leichtes Fleisch
1 Protein-Shake
dazu Wasser trinken
… so werde ich satt, es schmeckt mir gut und ich bin zufrieden 😉
Samstags ist oft ein kleiner „Cheat-Day“, da wir samstags oft unterwegs sind und etwas unternehmen und daher gern mal essen gehen. Mittlerweile mag ich aber überhaupt keine billigen Restaurants mehr, die auf Massenabfertigung aus sind. Wenn es etwas mehr kostet, ist das in Ordnung. Es muss einfach lecker sein 🙂
Trotzdem gibt es dann halt nur einmal warm, wenn wir essen gehen und dann am Abend etwas Leichtes.
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3 Responses
Wenn man Gewicht verlieren möchte, muss man ein Kaloriendefizit haben. Welchen Kaloriengrundbedarf man hat und so weiter kann man sich ganz einfach im Internet ausrechnen lassen oder eine App wie Yazio rechnet es einem aus. Es ist also egal, wann man isst, hauptsache man hat am Ende des Tages ein Kaloriendefizit.
Das stimmt 🙂 dazu kommt noch etwas im 2. Teil zu diesem Thema 🙂
Du kannst ohne Probleme Vollkornnudeln oder Vollkornreis essen. Die Ballaststoffe sind nämlich sehr gut und wichtig.