Lipödem
Was Du darüber wissen solltest
Das Lipödem
Beim Lipödem handelt es sich um eine Fettverteilungsstörung, bei der sich das Fettgewebe der Unterhaut krankhaft vermehrt. Der Begriff Lipödem ist im Grunde irreführend. Denn Ödeme sind Flüssigkeitseinlagerungen im Gewebe und das Lipödem verursacht keinen Flüssigkeitsstau.
Die chronische Erkrankung tritt fast ausschließlich bei Frauen auf und äußert sich durch eine symmetrische Vermehrung des Fettgewebes an Ober- und Unterschenkeln, Gesäß, Hüfte oder seltener auch an Ober- und Unterarmen. Die betroffenen Körperteile weisen von ihren Proportionen ein deutliches Missverhältnis zum restlichen Körper auf. Neben der auffälligen Fettfehlverteilung gehen immer Schmerzen mit dem Lipödem einher.
Lipödem Ursache
Was genau ein Lipödem auslöst, ist bislang noch unklar. Man geht jedoch von einer hormonell beeinflussten Krankheit oder einer Chromosomenstörung aus, denn fast nur Frauen sind vom Lipödem betroffen. Meist treten die ersten Symptome in Zusammenhang mit einer Hormonumstellung auf. So beginnt bzw. verschlimmert sich das Lipödem oft mit der Pubertät, in oder nach einer Schwangerschaft oder in den Wechseljahren. Außerdem ist eine genetische Vorbelastung häufig: Bei mehr als der Hälfte der Frauen sind auch andere Familienmitglieder betroffen.
Lass Dir also nicht einreden, dass Du in irgendeiner Weise an Deinem Lipödem schuld wärst!
Ein Lipödem ist auch nicht mit Übergewicht zu verwechseln. Es kann sich allerdings durch Übergewicht verschlimmern. Generell versuchen betroffene Frauen, aus Unwissenheit, zuerst vor allem mit Diäten und Sport abzunehmen. Das funktioniert allerdings nur bis zu einem gewissen Grad, da die Lipödem-Fettzellen bei einer Diät nicht schrumpfen, sondern nur die „gesunden“ Fettzellen.
Lipödem Symptome
Wenn Du folgende Symptome bei Dir beobachtest, solltest Du unbedingt ärztlichen Rat einholen:
- Fehlverteilung des Fettgewebes: z. B. schlanker Oberkörper, aber dicke Beine und/oder Arme
- Druck-, Spontan- oder auch Berührungsschmerz an den betroffenen Stellen: Wie der Schmerz entsteht, ist bisher nicht final geklärt.
- Keine Schwellungen an Händen und Füßen: Hände und Füße sind vom Lipödem nicht betroffen und sind in der Regel schlank.
- Häufige blaue Flecken und Blutergüsse: Die Fettzellen drücken auf die Gefäße, sodass schon bei einem geringen Druck Äderchen im Bindegewebe reißen. Dadurch entstehen sehr leicht blaue Flecken.*
- Kälteempfinden: Die betroffenen Stellen bleiben sehr lange kalt (z. B. nach einem Winterspaziergang).*
*Auch wenn die aktuelle S2k-Leitlinie Lipödem das nicht als signifikantes Symptom aufgreift, berichten sehr viele Betroffene davon.
Das Lipödem erkennen
Während das Lipödem an den betroffenen Stellen Schmerzen verursacht, tut das Gewebe bei einer Adipositas (= Übergewicht) oder Lipohypertrophie (schmerzlose Fettverteilungsstörung) nicht weh.
Die Volumenvermehrung beim Lipödem ist im Vergleich zu den meisten Lymphödemen immer symmetrisch. Das heißt, Du nimmst an beiden Beinen und/oder beiden Armen gleichermaßen zu. Während die Körpermitte schlank bleibt, lagern sich die Fettzellen an den Beinen oder auch Armen, manchmal an Po und Hüfte an.
Zu den vom Lipödem betroffene Körperregionen lässt sich sagen, dass Du an den Beinen, Hüfte, Po und/oder Armen an Volumen zunimmst, nicht jedoch am Körperstamm (Leib und Brust). Auch die Hände und Füße bleiben beim Lipödem schlank.
Nach einer Gewichtsabnahme ist das Lipödem oft noch deutlicher zu sehen, da sich die vom Lipödem betroffenen Regionen im Umfang deutlich weniger stark reduzieren. Folglich wirkt der Körper nach einer Diät noch unproportionaler, da zum Beispiel der Rumpf noch schlanker geworden ist, die Lipödem Beine und/oder Arme aber dick geblieben oder nur unwesentlich dünner geworden sind. Die betroffenen Frauen beschreiben sich dann oft wie „aus zwei Körpern zusammengesetzt“: Oben herum tragen sie zum Beispiel ein T-Shirt in Größe 40 und unten brauchen sie eine Hose in Größe 48, wobei der Hosenbund dann wiederum viel zu weit ist.
Der Umfang der Extremitäten korreliert aber dabei nicht mit den Schmerzen. Daher wird die bisher gängige Stadieneinteilung beim Lipödem nicht mehr für den Schweregrad der Erkrankung oder der Beschwerden verwendet, sondern dient nur noch zur zusätzlichen Beschreibung des Erscheinungsbildes. Denn das frühere Lipödem Stadium 1 kann in manchen Fällen sogar schmerzhafter sein als Stadium 3.
Lipödem Check
Wenn Du folgende Fragen dieses Lipödem Tests mit „Ja“ beantworten kannst, dann lass Dich in einer lymphologischen oder phlebologischen Facharzt-Praxis auf ein Lipödem untersuchen. Im ersten Schritt kann Dir vielleicht auch Deine Hausärztin bzw. Dein Hausarzt weiterhelfen. Eine frühzeitige Diagnose ist sehr wichtig, um eine passende Therapie zu beginnen, die Schmerzen zu lindern und ein Fortschreiten des Lipödems zu verhindern oder zu verlangsamen.
- Du bist an Händen und Füßen schlank, Deine Beine und/oder Arme sind aber sehr stark ausgeprägt?
- Du fühlst Dich wie aus zwei Körpern zusammengesetzt, denn Dein Oberkörper ist relativ schlank, während der Po und die Beine oder Arme viel voluminöser sind?
- Du hast alles versucht – Diäten, viel Sport, gesunde Ernährung – aber an Deinen “Problemzonen” nimmst Du nicht ab?
- Du trägst zwei sehr unterschiedliche Konfektionsgrößen, zum Beispiel am Oberkörper eine 40 und unten eine 46?
- Deine starken Körperteile schmerzen bei der geringsten Berührung?
- Deine Beine oder Arme schmerzen ganz plötzlich ohne Grund?
- Du bekommst schnell blaue Flecken?
- Deine Beine fühlen sich an wie Blei?
Krankheitsverlauf beim Lipödem
Typischerweise betrifft die Vermehrung des Fettgewebes die Beine und/oder die Arme. Auch wenn zunächst vielleicht nur Deine Oberschenkel betroffen sind, kann sich das Lipödem im Laufe der Jahre auch auf andere Körperregionen ausdehnen.
Die Diagnose eines Lipödems
Häufig wird das Lipödem erst nach langer Leidenszeit und zahlreichen Arztbesuchen korrekt diagnostiziert. Dafür gibt es verschiedene Ursachen. Sich schleichend steigernde Symptome werden nicht ernst genommen. Die Erkrankung wird mit anderen Krankheiten wie Adipositas oder Lymphödem verwechselt. Nicht selten bekommen Patientinnen den Satz „Nehmen Sie ab!“ zu hören.
Viele Beispiele für den Weg zur Diagnose findest Du auch in unseren Blog-Beiträgen zum Thema Diagnose.
Erfahrene Ärztinnen und Ärzte hingegen können die Diagnose Lipödem bzw. Lipohypertrophie häufig schon beim Betrachten der Patientin stellen. Denn die Disproportion der voluminösen Extremitäten im Vergleich zum schlanken Oberkörper oder der schmalen Taille sowie zarten Hand- und Fußgelenken ist augenscheinlich.
Auch das Abtasten der Haut ist für die Ärztin bzw. den Arzt aufschlussreich. So sammeln sich die Fettanlagerungen, die sich anfangs wie Styroporkügelchen anfühlen und bis zu walnussgroßen Kugeln anwachsen können. Wird das Gewebe mit dem Daumen eingedrückt, entsteht nur kurzzeitig eine Delle. Die Strukturveränderungen im Unterhautgewebe lassen sich auch im Ultraschall erkennen. Außerdem zeigen viele Lipödem-Betroffene eine starke Hämatomneigung.*
Typisch für ein Lipödem sind Schmerzen. Das können Spontan-, Druck- oder auch Berührungsschmerzen sein. Überprüfen kann man das mit dem paradoxen Kneiftest. Dabei kneift man einmal in die Beininnenseite und einmal in die Beinaußenseite. Lipödembetroffene empfinden den Schmerz an der Außenseite intensiver, während gesunde Menschen auf der Innenseite empfindlicher reagieren.
*Strukturveränderung des Unterhautfettgewebes und Hämatomneigung gelten nach aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen nicht als signifikante Symptome, werden aber von vielen Patientinnen beklagt.
Lipödem oder Lymphödem?
Lipödeme treten immer symmetrisch auf. Das heißt, beide Körperhälften sind gleichermaßen betroffen. Lymphödeme sind meist einseitig und im ersten Stadium bei Hochlagerung oder über Nacht rückläufig, da die durch die Schwerkraft in den Beinen angesammelte Flüssigkeit wieder abtransportiert wird. Die Volumenvermehrung beim Lipödem kann nicht durch Hochlagerung beeinflusst werden. Hand- und Fußgelenke sind beim Lymphödem geschwollen, beim Lipödem nicht. Das Lymphödem verursacht ein Spannungsgefühl, aber keine richtigen Schmerzen.
Es können auch mehrere Krankheiten gleichzeitig vorliegen. Daher sind die Anzeichen eines Lymphödems kein ausreichendes Kriterium zum Ausschluss eines Lipödems. Zum Glück eignet sich die Kompressionstherapie bei beiden Krankheitsbildern gleichermaßen.
Selbstmanagement beim Lipödem
Viele Betroffene fragen sich, wie man selbst die Lipödem-Behandlung unterstützen kann. Wichtig ist es, die Krankheit frühzeitig zu erkennen und zu behandeln. Mit einer passenden Therapie lassen sich die Schmerzen reduzieren und Folgen, wie zum Beispiel orthopädische Fehlstellungen und Komplikationen beim Lipödem, vorbeugen.
Wie das Selbstmanagement funktioniert, verraten Dir auch unsere Botschafterinnen.
Lipödem-Schmerzen
Lipödembetroffene leiden unter Druck-, Spontan- oder auch Berührungsschmerzen, die im Laufe der Erkrankung stärker werden können. Dabei kommt es zu einer Schmerz-Sensitivierung, bei der geringe Reize Schmerz auslösen können, die bei anderen gesunden Menschen noch kein Schmerzempfinden hervorrufen würden. Alle Therapiemaßnahmen sollten die subjektiven Beschwerden, vor allem die Schmerzen, reduzieren.
Lipödem Behandlung
Das Lipödem ist eine chronische Erkrankung, die sich zwar nicht heilen, aber dennoch durch eine individuell zusammengestellte Lipödem-Therapie positiv beeinflussen lässt.
- Kompression
Beim Lipödem hat die Kompressionstherapie einen hohen Stellenwert und gehört zur Standard-Therapie. Diese kann die Schmerzen lindern. Für den Einstieg in die Kompressionstherapie gibt es verschiedene Materialien, wie medizinische Kompressionsstrümpfe (MKS), Kompressionsverbände (KV) und Medizinische adaptive Kompressionssysteme (MAK), die jeweils verschiedene Eigenschaften haben. Zur Wahl der Materialien ist eine Abstimmung mit der Ärztin bzw. dem Arzt, dem Sanitätshaus und der Patientin sinnvoll, um dann individuell die am besten geeignete Versorgung zu finden. In der Langzeit-Therapie sollten anschließend medizinische Kompressionsstrumpfversorgungen wie z. B. medizinische Kompressionsstrumpfhosen oder Kompressionsleggins getragen werden. Der konstante Kompressionsdruck bewirkt bei vielen Patientinnen, dass das Schmerzempfinden zurückgeht. Hier kommt eine alltagstaugliche, maßgeschneiderte flachgestrickte Kompressionsversorgung zum Einsatz. Den meisten Patientinnen bieten ihre Lipödem Kompressionsstrümpfe, -strumpfhose, -leggins oder -ärmel eine spürbare Erleichterung sowie eine Linderung der Schmerzempfindlichkeit und sie tragen diese gerne. - Gesunder Lebensstil
Eine ausgewogene Ernährung und Sport können die Verschlechterung der Beschwerden bremsen oder sogar aufhalten. Ob mediterran oder ketogen, ob Walking oder Schwimmen – entscheide Dich für die Lipödem-Ernährung oder den Lipödem Sport, der Dir Spaß macht und Deine Schmerzen lindert!
- Psychologische Betreuung
Nicht wenige Betroffene leiden zusätzlich unter psychischen Erkrankungen wie Depressionen oder Essstörungen. Deswegen kann eine psychologische Begleitung sinnvoll sein.
- OP
Eine Absaugung der Lipödem-Fettzellen ist unter bestimmten Voraussetzungen möglich und kann die Schmerzen reduzieren. Allerdings ist die Liposuktion beim Lipödem ein erheblicher, strapaziöser und teurer Eingriff, dessen Kosten die Krankenkasse nur in bestimmten Fällen übernimmt und somit die Patientin meist selbst zahlen muss.
Die Therapie beim Lipödem sollte individuell aus all denjenigen Bausteinen zusammengestellt werden, die die Beschwerden der Patientin lindern.
Mit einer passenden Therapie lassen sich die Schmerzen reduzieren und Folgen vorbeugen. «
Folgen des Lipödems
Das zunehmende Gewicht und die Volumenzunahme an Lipödem-Armen und -Beinen beanspruchen besonders die Gelenke von Lipödem-Patientinnen. Das Gewicht und die damit veränderte Beinform können orthopädische Fehlstellungen mit sich bringen. Häufig resultieren daraus wiederum Verschleißerkrankungen der Gelenke, Arthrose oder auch Schwierigkeiten schon bei normalen Bewegungsabläufen. Ist die Hüfte betroffen, leiden viele Patientinnen auch unter Rückenschmerzen beim Liegen, weil gewissermaßen eine Stufe in der Körpermitte ist und die Wirbelsäule dadurch stark belastet wird. Durch Fettwulste entstehen Hautfalten, die sich leicht infizieren. Aneinanderreibende Oberschenkelinnenseiten entzünden sich immer wieder. Die richtige Hautpflege ist beim Lipödem also sehr wichtig.
Begleitet (nicht ausgelöst!) wird das Lipödem oft durch Adipositas und nicht selten durch ein Lymphödem, das wiederum durch das krankhafte Übergewicht ausgelöst wird. Jede Krankheit sollte einzeln diagnostiziert und therapiert werden.
Die Stadien des Lipödems
Stadium 1
Glatte Hautoberfläche mit feinknotiger Gewebestruktur
Stadium 2
Unebene und wellige Hautoberfläche mit Orangenhaut (Cellulitis), grobknotiges Gewebe
Stadium 3
Hautumfang vermehrt sich, das Gewebe ist grob und verhärtet. Es kommt zu stark wucherndem Fettgewebe, das zum Beispiel am Knie, den Knöchel, dem Ellenbogen oder den Handgelenken bereits überhängt.